Reinrassige Rennsimulationen haben auf Konsole Seltenheitswert. Klar, Project Cars 2 und Assetto Corsa gingen in die Richtung, aber die wirklichen Bretter sind eigentlich auf dem PC beheimatet. Jetzt wagt Entwickler Kunos Simulazioni den zweiten Anlauf und bringt Assetto Corsa Competizione anderthalb Jahre nach dem PC-Release auf Konsolen an den Start. Ob sich das Warten gelohnt hat, klären wir in unserer Review.
Ende 2018 startete die Rennsimulation Assetto Corsa Competizione auf dem PC im Early Access durch, vor rund einem Jahr erschien die finale Fassung. Seither kämpfte sich das Sim-Racing-Game der italienischen Entwickler in sämtliche Genre-Toplisten. Doch hat sich das Warten auf die Konsolenfassung gelohnt? Für unsere Assetto Corsa Competizione PS4 Review haben wir uns hinter das Lenkrad der GT3-Boliden geklemmt.
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Quick-Facts zu Assetto Corsa Competizione:
- Entwickler: Kunos Simulazioni
- Publisher: 505 Games
- Genre: Racing
- Spieler: 1-20
- Release: 23. Juni 2020
Fokus – aufs Wesentliche?
Assetto Corsa, der indirekte Vorgänger, gilt gerade auf dem PC dank umfangreichem Mod-Support auch sechs Jahre nach Release als eines der einflussreichsten Sim-Racing-Games überhaupt. Kein Wunder, immerhin wird die die Community nicht müde, den Racer regelmäßig mit Grafikupdates, neuen Boliden oder Strecken zu versorgen.
Diese Vielfalt kann Assetto Corsa Competizione nicht bieten. Immerhin handelt es sich um das offizielle Spiel zur Blancpain GT Series, der vielleicht bekanntesten Meisterschaft der GT3-Fahrzeuge. Mit nur einer Fahrzeugklasse (immerhin in den Saisons 2018 und 2019) – also 24 Boliden und gerade einmal elf Kursen (plus vier weiteren als Vorbesteller-DLCs) fällt der Umfang äußerst überschaubar aus.
Aber das muss ja nicht unbedingt etwas Schlechtes sein, oder? Mal ehrlich: die obligatorischen Mini Cooper-Rennen mit 70 PS-Mühlen will doch eh niemand zocken. Stattdessen konzentriert sich der Racer auf das Wesentlich: die bestmögliche und realistischste Abbildung des GT3-Rennsports abzuliefern und das gelingt Assetto Corsa Competizione zumindest spielerisch hervorragend.
Fahrgefühl: Überzeugend
Kernstück des Spiels ist der Karrieremodus, in dem wir zunächst in drei Fahrertests unser Können unter Beweis stellen müssen. Je nachdem wie wir abschneiden, passt das Spiel den Schwierigkeitsgrad an unser Können an – natürlich dürfen wir aber auch frei Feinjustierungen vornehmen.
Bereits Assetto Corsa konnte, zumindest beim Spielen mit Lenkrad, vom Fahrgefühl her vollends überzeugen. Competizione macht genau da weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat und überzeugt mit dem bis dato realistischsten und besten Fahrgefühl, das wir auf einer Konsole je erlebt haben.
Ja, ein GT Sport oder Forza Motorsport brüsten sich mit dem Simulationsansatz, aber wer einmal Assetto Corsa Competizione gespielt hat weiß, was Simulation wirklich bedeutet.
Die Wagen sind unglaublich schwer, das Gaspedal will beim Ausfahren aus einer Kurve behutsam gestreichelt werden, um nicht sofort mit einem Dreher im Kiesbett zu landen.
Im Vergleich zum Vorgänger lässt sich Assetto Corsa Competizione sogar mit einem Controller relativ gut spielen, zumindest wenn wir die optionalen Fahrhilfen aktivieren. Mit einem Lenkrad funktioniert das Ganze aber deutlich besser und macht noch ein gutes Stück mehr Spaß.
Tatsächlich ist der Racer auf der Piste, rein vom Fahrgefühl her, über jeden Zweifel erhaben und bietet mit Hot Laps, schnellen Rennen, Spezial-Events oder einem umfangreichen Online-Multiplayer viele Optionen. Auch Details wie der fliegende Start, bei dem wir mit unseren Kontrahenten taktieren oder die Boxenstopps, bei denen wir punktgenau vor unserer Crew anhalten müssen, überzeugen vollends. ABER – und jetzt kommt das wirklich große aber: wären da nur nicht die Technik und die öde Karriere.
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Ausrutscher ins Kiesbett
Der Karrieremodus hat seinen Namen nicht wirklich verdient. Im Prinzip reiht sich hier nach dem Young Drivers Test ein Rennwochenende an das vorangegangene. Zwar darf man sein eigenes Team erstellen und einen der offiziellen Rennwagen auswählen, Möglichkeiten die Lackierung anzupassen oder das Team irgendwie zu individualisieren sucht man jedoch vergebens.
Auch die immer wieder einfließenden Tests zwischen den Rennen bleiben sinnlos, denn neue Upgrades oder Fahrzeugteile – wie man es aus anderen Rennspielen gewohnt ist – gibt es hier nicht zu verdienen. Warum also überhaupt daran teilnehmen? Weil einem Assetto Corsa Competizione das so vorgibt.
Das vielleicht größte Manko des Spiels stellt allerdings die Technik dar. Assetto Corsa Competizione läuft auf PS4 und Xbox One mit 30 FPS, was ohnehin schon ein überschaubarer Wert ist. Allerdings wird dieser leider noch nicht einmal konstant erreicht.
Gerade, wenn wir in der Mitte des Fahrerfeldes unterwegs sind, kommt es immer wieder zu herben (wenn auch kurzen) Framerate-Einbrüchen, dank denen die Rennen unspielbar werden können. Klar könnte man das mit einem Patch in den Griff bekommen, aber gerade im Vergleich zu einem Gran Turismo Sport oder Forza Motorsport 7 wirkt die Technik schlicht veraltet.
Wir haben Assetto Corsa Competizione parallel mit der PC-Version verglichen, hätten wir vielleicht besser nicht tun sollen. Der Unterschied zwischen (im besten Fall) 30 FPS und 60 beziehungsweise 144 FPS ist gewaltig. Zumal gerade die PS4-Fassung unter extremem Kantenflimmern leidet.
Auch einige Bugs und Abstürze bei den Onlinerennen und der Fakt, dass wir sämtliche Tasten unseres G29-Lenkrads beim ersten Spielstart zunächst selbst belegen müssen, stoßen sauer auf. Das ist besonders ärgerlich, weil ACC auf dem Asphalt eigentlich eine gute Figur abgibt.
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Fazit zu Assetto Corsa Competizione auf PS4
Machen wir’s kurz: Assetto Corsa Competizione überzeugt mit dem bislang realistischsten Fahrverhalten, das wir je auf einer Konsole erlebt haben. Beinharte Sim-Fans dürften mit den GT3-Boliden durchaus ihren Spaß haben.
Aufgrund der schwachen technischen Umsetzung, der öden Karriere und dem äußerst überschaubaren Umfang fällt es zum jetzigen Zeitpunkt allerdings schwer, eine Empfehlung auszusprechen. Das bekommen auf Konsolen andere Spiele deutlich besser hin. Schade, denn Potenzial wäre jedenfalls vorhanden. Wer einen leistungsfähigen PC sein Eigen nennt, sollte unbedingt zur Fassung auf Steam greifen, die dank deutlich besserer Technik mächtig Laune macht.
Wer eine neue Sim für PS4 oder Xbox One sucht und sich mit den Macken abfinden kann, kann zugreifen. Das exzellente Fahrgefühl tröstet immerhin über den einen oder anderen Patzer hinweg.
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