Mehrere aktuelle Studien zum Thema Esports in Deutschland und Europa zeichnen ein Bild einer wachsenden Branche, die zum Teil von Corona profitiert hat und insbesondere für die Medienbranche und Werbetreibende immer interessanter und wichtiger wird.
Videospiele sind inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sei es Minecraft, Fortnite oder Candycrush. Fast jeder Mensch hatte auf die ein oder andere Weise schon Kontakt mit Videospielen – oder auch die ein oder andere durchzockte Nacht... Man sieht also: Es sind schon lange nicht mehr nur die "Nerds" und “Kellerkinder“, die spielen. Mit Titeln wie Starcraft, CS:GO oder Dota hat sich parallel auch eine wettkampforientierte Esports-Szene gebildet, die in den letzten Jahren immer größer geworden ist und inzwischen sogar für bekannte Sportklubs und vor allem die Medienbranche immer interessanter wird.
Wir werden uns heute mit Let´s play! 2020, eSports Insights 2020 und Esports: Trends & Potentiale einige aktuelle Studien zum Thema Esports in Europa und Deutschland anschauen, die einen spannenden Einblick in die Entwicklung der Szene geben.
Esports als Krisengewinner in der COVID-19-Pandemie?
Ja und nein. Wie die Let´s play! Studie von Deloitte herausfand, kommt die Branche bisher außergewöhnlich gut durch die Krise, kann aber trotzdem nicht als Gewinner bezeichnet werden.
Die Studie stellte fest, dass die gesamte Esports-Branche deutlich gewachsen ist. 2019 erreichte sie weltweit 443 Millionen Menschen (12% mehr als 2018) und 77% aller Unternehmen in der Branche gaben an, ihre Umsätze im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesteigert zu haben.
2020 sind die Nutzerzahlen durch den Lockdown und den Wegfall von Live-Events weiter deutlich gestiegen, da Menschen gezwungen waren zu Hause zu bleiben und viele Sportarten, wie zum Beispiel die Formel 1 etc., auf einmal online ausgetragen wurden. Die recht junge und sehr anpassungsfähige Branche konnte außerdem schnell auf Online-Formate umstellen und so die meisten Turniere größtenteils normal weiterspielen. Allerdings hatten einige Teams durch Reisebeschränkungen mehr Probleme als andere und insbesondere die Veranstalter der großen Events hat es oftvhart getroffen. Zudem bedeuten steigende Zuschauerzahlen nicht automatisch steigende Umsätze, da bei den Nutzern durch Kurzarbeit oder sogar Arbeitslosigkeit aufgrund der Pandemie auch die Zahlungsbereitschaft gesunken ist. Experten bewerten die Entwicklung des Esports 2020 zwar durchaus positiv, rechnen aber dennoch mit einem leichten Umsatzrückgang im Vergleich zu 2019.
Wo gibt es die meisten Esports-Fans und was schauen sie am liebsten?
Die wichtigsten Regionen für Esports sind Asien und Nordamerika, dicht gefolgt von Europa. Hier haben Spanien und Italien die größte Zahl an Esports-Anhängern. Deutschland folgt auf Platz 3. Mehr als die Hälfte aller befragten Spanier (55%) oder Italiener (53%) hat schon Esports-Events angeschaut, in Deutschland (38%) immerhin über ein Drittel.
Zu den beliebtesten Spielen bei den Esports-Fans zählen MOBAs, wie League of Legends oder Dota 2, denen 38% der Zuschauer folgen, dicht gefolgt von Shootern, wie CS:GO, mit 37% und Renn- und Sportspielen mit 36%. Battle Royale Titel, wie Fortnite, werden von 33% der Nutzer verfolgt und Strategiespiele, wie Starcraft, von immerhin 25%.
Wo schauen die Fans?
Die meisten von uns würden diese Frage vermutlich sofort mit Twitch beantworten. Das stimmt aber nur bedingt. 85% aller befragten gaben an, schon mal auf YouTube Gaming Esports angeschaut zu haben, während nur 36% angaben, schon auf Twitch geschaut zu haben. Spannend wird es allerdings, wenn man sich die Intensität der Nutzung oder eben die Zeit, die auf der Plattform verbracht wird, schaut. Hier ist Twitch der unangefochtene Spitzenreiter. Von den insgesamt 15,6 Milliarden Stunden, die 2019 Esports geschaut wurden, entfallen 70% allein auf Twitch.
Die Vermutung liegt nahe, dass YouTube besonders gerne genutzt wird, um in Esports reinzuschnuppern. Über empfohlene Videos oder Autoplay kommt man schnell mal auf ein Esports-Video, klickt aber auch schnell wieder weiter. Wer auf Twitch geht, weiß in der Regel genau, was er sehen will und sucht gezielt nach Esports-Live-Übertragungen. Twitch bleibt also weiterhin die Plattform, auf der sich die wahren Esports-Fans tummeln.
Potential für Medien und Sportklubs
Die eSports Insights Studie stellte fest, dass Esports für immer mehr Menschen auch als Ersatz für “echten“ Sport in Frage kommen. Viele Menschen schauen genauso gerne die League of Legends Worlds, wie die Bundesliga oder andere Sportveranstaltungen. Das macht Esports besonders für Werbetreibende, Sponsoren und auch Sportklubs immer interessanter. Inzwischen haben im Schnitt schon drei von zehn Profifußballklubs auch eine Esports-Abteilung. Die bekanntesten sind hier Schalke 04 mit ihrem Legaue of Legends Team, aber auch RB Leipzig oder Paris Saint Germain unterhalten eigene Esports-Teams.
Große Turniere werden Online von Millionen von Fans verfolgt und sobald wir Corona hinter uns gelassen haben, werden sich auch die Stadien wieder füllen. Das macht die Branche auch für Sponsoren und Werbepartner immer interessanter. Bis jetzt sind die Hauptsponsoren in der Regel Technik- und Hardware-Anbieter oder Getränkemarken und die Preise für Sponsoring-Pakete sind noch deutlich niedriger als im realen Sport. Das könnte sich schon bald ändern, da Esports- und allgemein Gaming-Fans eine unglaublich große, gut vernetzte Zielgruppe sind, die ausgesprochen positiv auf im Esports beworbene Produkte reagieren und diese auch häufig über ihre Social-Media-Kanäle weiterverbreiten. Die perfekte Zielgruppe also für jeden Werbetreibenden.
Insgesamt zeichnen die Studien alle ein Bild einer stetig wachsenden Branche, die immer mehr im Mainstream ankommt und inzwischen auch die Aufmerksamkeit der konservativeren Medien und Sportvereine weckt. Durch ihre Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft zu Experimentieren kann die Esports-Szene sich schnell an außergewöhnliche Umstände anpassen und “reale“ Sportveranstaltungen, wenn nötig sogar ersetzen.
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