F1 2020 gibt Vollgas. Die Reifen qualmen und die Funken fliegen. Wir biegen nach der Steilkurve auf die Zielgerade der neuen Strecke in Zandvoort ein. Im Juli will der neue Racer von Codemasters mit innovativen Ideen für frischen Wind sorgen. Wir konnten die Preview-Version bereits ausgiebig anspielen und mit Entwickler Lee Mather plaudern. In unserer F1 2020 Vorschau verraten wir unsere Eindrücke.
Das Jahr 2020 ist schon seltsam. Da hält eine globale Pandemie die Welt fest im Griff und zwingt Profi-Sportler mangels realer Veranstaltungen dazu, auf den Esports auszuweichen. Ein Glücksgriff für Codemasters, wie Lee Mather, Franchise Director bei Codemasters, verrät. Und anspielen konnten wir das neue F1 2020 auch schon. In unserer F1 2020 Vorschau schildern wir unsere Eindrücke. Spoilerwarnung: Es wird verdammt gut!
Hinweis: Alle Screenshots entstammen der Preview-Version von F1 2020 auf dem PC und wurden in Ultra-Settings aufgenommen.
F1 2020: Ein Hoch auf die Virtual Grand Prix‘
Der Start der realen Formel 1-Saison musste verschoben werden. Ein Glück, dass gerade die jungen Wilden der Königsklasse im Motorsport mit Videospielen aufgewachsen sind und kurzerhand auf Esports-Events umsattelten. Die Virtual Grand Prix-Serie, die seit Ende März regelmäßig stattfindet, ist ein voller Erfolg.
Wo sonst gibt es die Möglichkeit, Formel 1-Fahrer wie Lando Norris, Alex Albon oder Charles Leclerc gemeinsam mit Torjäger Sergio Aguero von Manchester City und Keeper Thibaut Courtois von Real Madrid in einem Motorsport-Event zu sehen? Ganz genau: nirgends!
Die Zuschauerzahlen und Reaktionen geben dem Event recht. Die virtuelle Formel 1 kommt gut an. Nicht nur bei Fahrern, sondern auch beim Publikum. Für Codemasters hat das aber einen weiteren angenehmen Nebeneffekt, denn neben den gesammelten Daten liefern die F1-Piloten den Entwicklern nützliche Hinweise darauf, wie man die Formel 1-Games noch besser machen kann.
Vor allem der Brite Lando Norris, der für das McLaren Team in der Formel 1 an den Start geht, war laut Lee Mather eine große Hilfe und lieferte Insiderinformationen zum Handling und den Unterstützungssystemen echter F1-Boliden, die das Fahrgefühl in F1 2020 stark verbessern. Doch dazu später mehr.
Der neue "My Team"-Modus von F1 2020
Für Solisten hält F1 2020 mit dem brandneuen My Team-Modus ein ganz besonderes Schmankerl bereit. Statt dem eher lahmen Storymodus aus dem Vorjahr, geht die Rennsimulation diesmal einen anderen Weg.
In My Team sind wir nämlich nicht nur Fahrer, sondern auch Manager unseres eigenen Rennstalls und nehmen als 11. Team an der Formel 1 Weltmeisterschaft teil. Alles beginnt mit der Erstellung der eigenen Identität. Wir entscheiden uns für einen realen Motorenhersteller, erstellen unser eigenes Team-Logo, die Lackierung unserer Rennwagen und Rennanzüge und stellen einen Teamkameraden ein.
Dass so ein Formel 1-Rennstall ziemlich teuer ist, versteht sich von selbst. Also wollen zahlungskräftige Sponsoren an Land gezogen werden. Echte Marken wird es laut Mather im Spiel allerdings nicht geben. Das sei rechtlich zu schwer umzusetzen und mit zu vielen Hürden verbunden.
Neben einem Hauptsponsor können kleinere Geldgeber ausgewählt werden. Die versorgen unser Team regelmäßig mit dem nötigen Zaster. Das Geld wandert dann wiederum auf direktem Wege in unsere Entwicklung.
Sowohl die technischen Einrichtungen wie Aerodynamik, Chassis oder Motorentwicklung, wie auch das Personal oder die Marketingabteilung wollen bedacht werden, um die Weiterentwicklung des Autos voranzutreiben und unseren Rennstall langfristig an der Spitze zu etablieren.
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Die Saisonlänge ist endlich variabel
Langfristig lautet das Zauberwort. Der My Team-Modus erstreckt sich (wie auch der klassische Karrieremodus) über ganze zehn Saisons. Bei 22 Rennen sind das satte 220 Events, wenn wir uns nicht verzählt haben.
Wem das zu lang ist, der kann die Saisonlänge glücklicherweise aber auch anpassen. Auf Wunsch kann man nur in seinen 16 oder 10 Lieblingsstrecken pro Saison an den Start gehen. Tschüss, Sochi Autodrom, du bist raus! Mit 10 Saisons befänden wir uns zum Ende im Jahr 2029, Iceman Kimi Raikkonen vom Team Alfa Romeo Racing wäre zu diesem Zeitpunkt 50 Jahre alt. Fährt er dann immer noch in der Formel 1?
Vermutlich nicht, wie Lee Mather verrät. Im Laufe der Jahre kommt es vor, dass ältere Fahrer ihre Rennhandschuhe an den Nagel hängen. Gleichzeitig steigen junge Talente aus der Formel 2 auf – die es mit den Daten von 2019 erneut ins Spiel geschafft hat. Zudem können F1-Fahrer mit schlechten Leistungen in die Formel 2 degradiert werden. Das Fahrerkarussell steht eben niemals still.
Und ja: sogar Mick Schumacher lässt sich für das eigene Team rekrutieren. Auf Wunsch feiert der Schumi-Sohn in F1 2020 also sein Debüt in der Königsklasse.
Zusatzinfo: Motorsportlegende Michael Schumacher wird in F1 2020 mit einer Sonderedition gewürdigt. Diese umfasst vier ikonische Boliden seiner Karriere, sowie sein legendäres Podiums-Emote: die Schumi-Faust. Besondere Rennen oder Events wie bei "Senna vs Prost" im vergangenen Jahr wird es laut Codemasters jedoch nicht geben.
Natürlich kehren auch die bekannten Interviews vor und nach den Rennen in diesem Jahr zurück. Diese wurden aber von Grund auf neu gestaltet und um viele weitere Fragen ergänzt, die auch mehr Einfluss auf die Rivalitäten auf der Piste nehmen sollen und die Entwicklung unseres Rennwagens beeinflussen.
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F1 2020 Multiplayer: Gute Nachrichten, auch für Neulinge
Multiplayer-Fans haben in F1 2020 ebenfalls Grund zu Freude. Der ikonische Splitscreen-Modus feiert in diesem Jahr endlich sein Comeback, wenn auch nur für maximal zwei Spieler und auch nur in einzelnen Grand Prix‘. Immerhin treten wir darin gegen das gesamte Fahrerfeld von 18 weiteren KI-Piloten an.
Laut Lee Mather sei gerade der Splitscreen mit den aktuellen Konsolen technisch schwer umzusetzen, die Kombination aus zwei Fahrern und einzelnen Rennen sei ein Kompromiss, der zumindest die Fans zufrieden stellen dürfte.
Zusatzinfo: F1 2020 erscheint erstmals auch für Google Stadia. Die Spielerfahrung soll sich von der auf PC und Konsolen nicht unterschieden. Zu einer Next-Gen-Version wollten sich die Entwickler nicht äußern.
Damit man auch mal mit der Freundin oder dem unerfahrenen Kumpel den Asphalt zum Glühen bringen kann, verfügt F1 2020 über einen Casual-Modus für Einsteiger. Hier werden nicht nur die Fahrhilfen deutlich vereinfacht, auch das gesamte Handling fällt simpler aus. Wahlweise greift sogar die KI mit ins Lenkrad ein, um die Formel-Rennwagen auf der Strecke zu halten.
Natürlich gibt es auch den klassischen, simulationslastigen Fahrmodus, der sich in F1 2020 sogar noch realistischer anfühlt. Aber gerade für Neueinsteiger ist der Casual-Modus eine hervorragende Option. Zumal sich im Splitscreen beide Varianten kombinieren lassen. Fahrer 1 startet mit dem Sim-Modell, während Fahrer 2 den Einsteiger-Modus wählt.
Auch im Online-Multiplayer hat sich einiges getan, gerade hinsichtlich der wachsenden Begeisterung um den F1 Esports, der in F1 2020 einen noch höheren Stellenwert einnimmt. Während Netzcode und Kollisionsabfrage weiter verbessert wurden, sollen neue Kameras noch intensivere Esports-Übertragungen ermöglichen.
Dedicated Server wird es in diesem Jahr allerdings nicht geben. Das sei laut Mather mit viel Arbeit verbunden und hätte gegenüber der aktuellen Variante nicht nur Vorteile. Vielleicht ja etwas für das nächste Jahr, oder Codemasters?
F1 2020 Gameplay: Noch realistischer, noch besser
Doch genug von den neuen Modi und frischen Ideen. Wie spielt sich F1 2020 denn nun? Kurz und knapp: hervorragend!
Bereits in den Vorjahren gab es am Kern-Gameplay nur wenig zu beanstanden. Gerade aufgrund des Feedbacks der Formel 1-Profis rund um Lando Norris haben die Entwickler das Gameplay im Detail weiter verbessert, um für ein noch realistischeres Fahrverhalten zu sorgen.
Da wäre beispielsweise eine brandneue Simulation der Reifen. Die Temperatur und der Druck der Pneus haben jetzt spürbare Auswirkungen auf den Verschleiß und das Fahrverhalten. Grundsätzlich wurde das Grip-Niveau der Formel 1-Boliden spürbar erhöht. Sie kleben jetzt regelrecht auf dem Asphalt. In Kombination mit den noch stärker greifenden Bremsen sorgt das für ein frisches und noch intensiveres Fahrgefühl.
Ebenfalls überarbeitet wurde das Energierückgewinnungssystem ERS, das im vergangenen Jahr noch in fünf Stufen geregelt werden wollte, um wirklich schnell zu sein. Das ist laut Norris aber nicht mehr zeitgemäß. Moderne Formel 1-Rennwagen regeln das ERS, das kurzzeitig die zusätzliche Leistung des Elektromotors abruft, nämlich automatisch.
Dafür gibt es jetzt einen „Überholen“-Knopf, der die volle Zusatzpower freigibt und so beeindruckende Überholmanöver ermöglicht. Zieht man am Konkurrenten vorbei, solltet der Overtake-Modus aber wieder deaktiviert werden. Sonst ist die Batterie im Nullkommanix leer.
Die Leistungsdaten der Rennwagen beruhen in diesem Jahr mangels echter Rennen übrigens auf den Wintertests und den offiziellen Performance-Ratings der Formel 1. Ein Performance-Update nach dem Start der F1 Saison 2020 wird laut Mather folgen.
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F1 2020 spielt sich unglaublich gut
In einer unserer ersten Testsessions mit F1 2020 rasen wir mit knapp 350 km/h auf die erste Schikane im italienischen Monza zu. Kurz abgelenkt durch das unglaubliche Geschwindigkeitsgefühl vergessen wir glatt zu Bremsen. Bei der 100-Meter-Marken steigen wir aufs Bremspedal.
Das geht doch nicht gut, oder? Doch, geht es! In F1 2020 ist es eine wahre Freude, die eigenen Grenzen und die der Rennwagen auszuloten. Besonders, da alle Bremspunkte in diesem Jahr neu erlernt werden wollen. Eine minimale Veränderung, die für einen noch intensiveren Adrenalinrausch sorgt.
Die Vorzüge des neuen Überholen-Knopfes lernen wir auf der langen Geraden des brandneuen Hanoi Street Circuit zu schätzen. In der DRS-Zone hängen wir mit dem unterlegenen McLaren knapp hinter dem vor uns liegenden Ferrari von Sebastian Vettel. Trotz offenem Heckspoiler kämen wir nicht am Deutschen vorbei. Doch mit den 20 km/h Überschuss des Elektromotors reicht es, um uns am Ende vor den Heppenheimer zu setzen.
Das sorgt dank zusätzlicher Überholmanöver für noch spannendere Rennen in F1 2020. Besonders, da die KI unserer Gegner in diesem Jahr deutlich klüger agiert und uns in intensive Zweikämpfe verstrickt. Im Kombination mit der schicken Technik und den wuchtigen Motorensounds ist das Rennsport-Erlebnis im heimischen Wohnzimmer perfekt.
Nicht genug bekommen wir übrigens vom Circuit Park Zandvoort in den Niederlanden. Der zweiten neuen Rennstrecke im aktuellen Formel 1-Kalender, die nach 35 Jahren Abstinenz endlich wieder die Königsklasse beheimatet. Oder besser gesagt beheimaten sollte, bevor Corona kam.
Wie dem auch sei. Die Dünenstrecke an der Nordsee überzeugt mit schnellen Links- und Rechtskurven, die für einen unglaublichen Flow sorgen, wie ihn viele moderne Rennstrecken mittlerweile vermissen lassen. Besonderes Highlight ist die Steilkurve vor der Start- und Zielgeraden. Wer die nicht richtig nimmt, lässt wertvolle Sekunden liegen.
Fazit zu F1 2020: Der neue Rennspiel-König
Ich spiele die Formel 1-Reihe nun schon seit Mitte der 1990er Jahre und finde es schlichtweg unglaublich, wie Entwickler Codemasters die Serie Jahr für Jahr verbessert. Immer wenn man denkt, dass wir das Ende der Fahnenstange erreicht hätten, zaubern Lee Mather und sein Team weitere Detailverbesserungen aus dem Hut, die das Spielgefühl des Vorgängers in den Schatten stellen.
F1 2020 sieht besser aus als F1 2019, klingt besser und spielt sich dank optimiertem Fahrverhalten noch eine kleine Prise besser. Das dürfte aber vermutlich nur Kennern der Reihe wirklich auffallen.
Besonders gespannt bin ich aber auf den neuen My Team-Modus, den ich in der F1 2020 Vorschau-Version noch nicht ausprobieren konnte. Für mich ist die Mischung aus Fahrer-Karriere und Managermodus die spannendste Neuerung. Welcher Formel 1-Fan träumt nicht davon, mit seinem eigenen Rennstall die Meisterschaft zu gewinnen?
Mit F1 2020 hat Codemasters erneut an den richtigen Schrauben gedreht, um aus einem rundum gelungenen Rennspiel wie es der Vorgänger bereits war, eine noch bessere Rennsimulation zu machen. Wir legen uns fest: F1 2020 wird der Rennspiel-Hit des Jahres. Zumindest, wenn da nicht noch die eine oder andere Neuankündigung kommt.
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