Nachdem Ubisofts Attentäter zuletzt das antike Griechenland unsicher machten, verschlägt es uns im neuesten Ableger Assassin’s Creed Valhalla in die Zeit der Wikinger. Ein Szenario, dass sich Fans seit Jahren gewünscht haben. Ob der nunmehr 12. Hauptteil seine Sache gut macht, verraten wir euch in unserem Assassin’s Creed Valhalla Test.
Langsam schiebt sich unser Langboot durch den dichten Nebel. Ein Rabe kreist am Himmel und informiert uns mit einem lauten Schrei über das nahende Ufer. Das Blut pulsiert in unseren Adern, denn der Nebel lässt nicht erahnen, was uns dahinter erwartet. Als wir am Horizont langsam Land erspähen, blasen wir in unser Horn und zwanzig wütende Nordmänner (und -frauen) zücken ihre Äxte. Der Raubzug beginnt. Assassin’s Creed Valhalla offenbart in unserem Test viele frische Ideen, von denen der Großteil auch aufgeht.
Die Story von Assassin’s Creed Valhalla
Nach zwei Ausflügen in die Antike führt uns Assassin’s Creed Valhalla endlich wieder dahin, wo für die Reihe im Jahr 2007 alles begonnen hat: ins Mittelalter. Diesmal verschlägt es uns allerdings nicht nach Jerusalem, sondern in das neunte Jahrhundert Europas.
Das Abenteuer beginnt in den eisigen Weiten Norwegens, in denen unser Protagonist Eivor Wolfsmal nach dem Tod seines Vaters zu einem stattlichen Krieger herangewachsen ist. Oder zu einer Kriegerin, denn das Geschlecht der Hauptfigur dürfen wir diesmal nicht nur frei wählen, sondern sogar jederzeit wechseln.
Dass König Harald von Norwegen das Land unter seinem Banner einen und unser Königreich mal eben übernehmen will, gefällt Eivor und seinem treuen Freund Sigurd allerdings überhaupt nicht. Also schnappen sich die beiden einige Gefährten, um nach England überzusetzen und dort eine neue Heimat zu erschaffen.
Blöd nur, dass auf der Insel verschiedene Königreiche um die Vorherrschaft buhlen und der Orden der Ältesten im Hintergrund seine Intrigen spinnt. Ganz so leicht machen uns die Engländer den Aufbau unserer Siedlung also nicht.
Grundsätzlich räumt Assassin’s Creed Valhalla der Handlung endlich wieder mehr Raum ein und spinnt eine Geschichte um die Hauptfigur, die vor allem Fans der TV-Serie Vikings gefallen dürfte und in der endlich auch die Assassinen wieder eine Rolle spielen. Wie und warum wir mit Allvater Odin verbunden sind, offenbart sich uns erst spät im Spielverlauf. Doch auch sonst sorgt der Ansatz des Siedlungsbaus für frischen Wind innerhalb der Reihe, der letztlich in der besten Story seit Assassin’s Creed Unity gipfelt.
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Von Norwegen bis England
Die ersten Spielstunden verbringen wir dabei in Norwegen. Serientypisch liegt es ganz bei uns, wie lange wir uns im eisen Norden herumtreiben wollen. Halten wir uns strikt an die Hauptmissionen, setzen wir binnen 5-6 Stunden nach England über.
Wollen wir jedoch alles entdecken, alle Aussichtspunkte synchronisieren und alle Nebenaufgaben abschließen, dauert es gut und gerne 15 Stunden, bis wir in die neue Heimat aufbrechen.
Wie man es von Ubisoft gewohnt ist, ist die Karte von Assassin’s Creed Valhalla mit interessanten Orten oder Objekten übersät: Wir sammeln legendäre Schätze, jagen seltene Tiere, suchen nach Artefakten oder duellieren uns im Wetttrinken mit dem Trinkhorn oder Wikinger-Rap-Battle Flyting mit Worten.
Eine wirklich revolutionäre Spielerfahrung bietet zwar keine der Nebenaktivitäten, Fans der Reihe kommen aber einmal mehr voll auf ihre Kosten. Zumal die Aufgaben im Vergleich zu Odyssey und Origins hinsichtlich der spielerischen Abwechslung einmal mehr deutlich zugelegt haben. Als Assassin’s Creed-Fans der ersten Stunde sind wir begeistert!
Wir erkunden verfluchte Orte, lösen Rätsel unter dem Einfluss von Fliegenpilzen, machen Animus-Glitches ausfindig oder lassen uns auf einen Zweikampf mit mythologischen Kreaturen ein. Kurzum: wir wissen nie, was uns beim nächsten Ziel erwartet.
Spannend ist ebenfalls, dass sich die Spielerfahrung mit der Ankunft in England grundlegend verändert. Denn der Aufbau unserer Siedlung sorgt für einen frischen Ansatz und ein neuartiges „Zuhause-Gefühl“ in Assassin’s Creed.
Ein Zuhause für Assassinen
Nachdem unser Rabenclan die eisige Nordsee überquert hat, landet die Besatzung in einem ehemaligen Lager der Söhne Ragnars. Doch Ubbe und Ivar, die wir eigentlich dort treffen wollten, sind fort.
Haben wir uns der Banditen entledigt, können wir auch schon mit dem Bau beginnen. Immerhin: Für den Aufbau des Büros der Assassinen-Bruderschaft reichen unsere Materialien. Um mehr Gebäude errichten zu können, müssen wir uns mit unserer Mannschaft auf Raubzug begeben und den nahegelegenen Klöstern einen unliebsamen Besuch abstatten.
So sammeln wir notwendige Ressourcen, um unsere Siedlung im Verlauf des Spiels immer weiter aufzuwerten, neue Gebäude zu errichten und somit ganz neue Spielelemente und Missionen freizuschalten. Die vielleicht größte Innovation von Assassin’s Creed Valhalla, die tatsächlich deutlich mehr motiviert, als wir im Vorfeld vermutet haben.
Mehr Rollenspiel in Valhalla
Bereits Origins und Odyssey erinnerten aus spielerischer Sicht stark an ein Action-Rollenspiel. Auch Assassin’s Creed Valhalla setzt diesen Weg konsequent fort – allerdings mit einigen klugen Veränderungen.
War es in den letzten Ablegern noch so, dass wir im Sekundentakt über neue, bessere Ausrüstungsgegenstände gestolpert sind, setzt der Wikinger-Ableger vermehrt auf Qualität. So erwartet uns diesmal ein Stärke-Wert, der die klassischen Level ersetzt. Waffen und Rüstungen lassen sich beim Schmied aufwerten und zusätzlich verbessern, was ihre Werte steigert – so ist man selbst nach 20-30 Spielstunden noch immer mit den (aufgewerteten) Anfangs-Items unterwegs.
Für abgeschlossene Missionen winken Fähigkeitspunkte, die im riesigen Talent-Baum in neue Skills investiert werden. Diese reichen von passiven Skills für mehr Schaden oder mehr Gesundheit bis hin zu neuen aktiven Fähigkeiten wie einem Doppel-Attentat und vielem mehr.
Besonders gut gefällt uns, dass es keine klassischen Talentbäume mehr für Attentate, Nah- und Fernkampf mehr gibt, sondern dass alle Wege sinnvolle Fähigkeiten für jeden Spielstil bieten. Apropos Attentate: Die legendäre versteckte Klinge feiert in Assassin’s Creed Valhalla übrigens sehr früh im Spiel endlich ihr Comeback.
Schleichen & Kämpfen: Das Gameplay von Valhalla
Wer bereits die letzten beiden Ableger gespielt hat, wird sich beim Kampfsystem von Assassin’s Creed Valhalla schnell heimisch fühlen. Am Kern-Gameplay hat sich beim Wikinger-Serienteil nur wenig verändert.
Noch immer lässt uns das Spiel die freie Wahl für unser Vorgehen. Wir schleichen durch hohes Gras, um Wachen lautlos auszuschalten, entledigen uns aus der Distanz Feinden mit unserem Bogen oder packen die Axt aus, um uns der offenen (und ziemlich blutigen) Konfrontation zu stellen.
Dieses Zusammenspiel aus Kampf und Schleichen funktioniert sogar noch eine Spur besser als in Odyssey und motiviert wie eh und je. Zumal wir unsere Bewaffnung jederzeit frei wählen können: Entscheiden wir uns für eine Einhandwaffe samt Schild, stehen uns ganz andere Kombos zur Verfügung, als mit einem Zweihänder oder zwei Einhandwaffen.
Da lässt es sich verschmerzen, dass die Gegner-KI noch immer auf mittelmäßigem Niveau agiert. Einige nervige KI-Aussetzer, Übersetzungsfehler und kleinere Bugs trüben den Spielspaß allerdings dennoch ein wenig.
Dafür freuen sich Fans der ersten Stunde über einige Rückkehrer: Vom Todessprung in den rettenden Heuhaufen über die bereits angesprochene versteckte Klinge bis hin zu den fliegenden Seiten, die von uns eingefangen werden wollen.
Assassin’s Creed Valhalla entpuppt sich als gelungene Erweiterung der Formel, die die Reihe mit den letzten beiden Action-RPG-Ablegern eingeschlagen hat und setzt genau an den Stellen sinnvolle Verbesserungen an, bei denen es am nötigsten war. Das Game bietet genau das, was man von einem modernen Assassin’s Creed erwarten würde – und eben genau dieses Quäntchen mehr, damit es sich frisch anfühlt.
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Oh, wie schön ist Norwegen
Wir sind fest davon überzeugt: Assassin’s Creed Valhalla holt das Maximum aus den aktuellen Konsolen heraus. Das ist allerdings auch die Bürde eines Cross-Gen-Titels, denn das nächste Assassin’s Creed für Next-Gen dürfte den aktuellen Ableger problemlos in den Schatten stellen.
Nichtsdestotrotz zaubert das Spiel unglaublich schöne Landschaften und herrlich atmosphärische Lichtstimmungen auf den Bildschirm, wenngleich einige Umgebungstexturen bei näherer Betrachtung Details vermissen lassen.
Bei der schieren Größe der Spielwelt kann sich das Grafikgerüst allerdings mehr als sehen lassen und lässt uns immer wieder innehalten, um im Fotomodus einen Schnappschuss zu erstellen.
Besonderes Lob gebührt allerdings dem herausragenden Soundtrack und das sagen wir nicht nur, weil wir riesige Fans der Wikinger-Thematik sind. Nicht zuletzt dank Einar Selvik, bekannt durch die Nordic-Folk-Band Wardruna, sorgt die Musikuntermalung von Assassin’s Creed Valhalla regelmäßig für Gänsehaut. Der beste Soundtrack, den die Reihe bislang hervorgebracht hat.
Die deutsche Vertonung stand uns zum Testzeitpunkt leider noch nicht zur Verfügung, die englischen Sprecher liefern allerdings einen sehr guten Job ab – was man von den deutschen Bildschirmtexten jedoch leider nicht behaupten kann, die vor Fehlern strotzen.
Fazit zu Assassin’s Creed Valhalla
Wer bereits Origins und Odyssey gemocht hat, wird Assassin’s Creed Valhalla lieben. Während sich das Grundgerüst an den beiden Vorgängern orientiert, haben die Entwickler genau an den richtigen Schrauben gedreht, um für eine neue und bessere Spielerfahrung zu sorgen.
Klar: Mit Teil 1 und Teil 2 hat das mittlerweile nicht mehr viel zu tun – auch wenn die Attentate und Schleichelemente wieder einen höheren Stellenwert einnehmen.
Als Open-World-Action-RPG leistet sich Valhalla allerdings keine nennenswerten Patzer, zumindest aus spielerischer Sicht. Eine unglaublich faszinierende, spannend inszenierte und wunderschöne Wikiniger-Saga, der wir noch mehr unseren eigenen Stempel aufdrücken dürfen als je zuvor.
Ein gigantisches Spiel, in dem wir problemlos über 100 Stunden versinken und dabei hervorragend unterhalten werden. Perfekt geeignet für die dunklen Herbst- und Wintertage, die vor uns liegen.
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