In unserem Test zu Jusant erfahrt ihr, ob sich Don't Nod treu geblieben ist und uns eine einzigartige und emotionale Reise beschert.
Noch bevor ich das eigentliche Spiel gestartet hab, saß ich schon voller Vorfreude vor dem PC und hab der seichten Melodie im Anfangsbildschirm gelauscht. Mit der Melodie im Hinterkopf, hab ich dann meinen Anfang gefunden und war schon gespannt, in welch unbekannte Gefilde mich Jusant entführen wird, denn was der Sinn hinter dem Spiel war, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Die Einstiegssequenz hat dann nur noch mehr Fragen aufgeworfen und schon war ich im Spiel. Ich, als mysteriöser Wanderer, der sich zur Aufgabe gemacht hat einen steilen und doch geschichtsreichen und komplexen Berg zu erklimmen. Und ich wusste damals noch nicht, wie mystisch und emotional diese Reise werden könnte…
Finden wir in diesem Test gemeinsam heraus, ob Jusant mich dazu bewegt hat über mich hinauszuwachsen und selbst die steilsten Berge und Klippen zu erklimmen!
📌 | Jusant Quick Facts |
Release: | 31. Oktober 2023 |
Preis: | 24,99 € |
Plattform: | PC, PlayStation 5, Xbox Series X|S |
Entwickler: | Don't Nod |
Publisher: | Don't Nod |
Genre: | Action, Adventure, Puzzle |
Wenn du dich generell für die Spiele von Don't Nod interessierst, dann kann ich dir wärmstens die Life is Strange-Reihe ans Herz legen! Diese Reihe hat ein komplett neues Genre ins Leben gerufen, bei dem deine Handlung im absoluten Fokus steht. Life is Strange: True Colors ist das jüngste Spiel aus der Reihe, bei dem du die emotionale Reise von Alex Chen erlebst!
Jusant Test: Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst
- Stumme Schlüsselfiguren die jedoch durch die Körpersprache die im Hintergrund liegende Geschichte tragen
- Lineares Spielerlebnis, das durch die vertikale und verschachtelte Spielwelt aufgewertet wird
- Schönes Kletter-Adventure, das mehr bietet als es auf den ersten Blick vermuten lässt
- Musikalischer Minimalismus der emotional und schön zugleich ist
- Das Lesen der zahlreichen Notizen stört ein wenig den Spielfluss, da wäre eine Synchronisation wünschenswert gewesen
Auf den Spuren einer verlorenen Zivilisation
Unsere Reise startet am Fuße des Berges in einem öden und tristen Umland. Hier wurde ich an die Grundlagen des Spiels herangeführt, zum Beispiel wie die Steuerung funktioniert. Doch was mir zu Beginn am meisten aufgefallen ist, ist, dass im Umland in der Distanz zahlreiche ausgetrocknete Hügel und Berge zu sehen waren, sowie gestrandete Schiffe. Doch mit der Höhe von unserem Berg konnte keiner konkurrieren und so wandte ich mich dem Umland ab, mit der Frage im Hinterkopf: "Was ist hier bloß geschehen?"
Geschichtlich nimmt mich Jusant nicht an die Hand, es liegt daher an mir, die Geschichte des Spiels und auch die der Bewohner des Berges selbst zu erfahren. Denn mein Protagonist, den ich "den Wanderer" nenne, ist stumm und nur seine Handlungen zeigen mir, was er womöglich denken könnte und rumliegende Notizen erzählen, was sich wirklich auf dem Berg zugetragen hat. Welche geschichtlichen Ereignisse hier vorgefallen sind, wie die Menschen gelebt haben und vor allem, warum das einzig blühende, ziviliserte Leben einfach verschwunden ist.
Beinhaltet ein nicht zu überladenes, simples und doch intuitives Gameplay
Und so versuchte ich mich daran, meine ersten Bergwände zu erklimmen und mich mit der Steuerung vertraut zu machen. Eine Hand nach der anderen und immer mit dem Blick nach vorn gerichtet, war ich zu Beginn noch unsicher und hab des Öfteren meine Hände durcheinander gebracht, aber umso öfter ich mich mit der Mechanik auseinandersetzen musste, umso sicherer und schneller wurde ich mit der Zeit auch.
Während meiner Reise war ich niemals allein, denn mit dem mysteriösen Wasserwesen "Ballast" hatte ich einen treuen Gefährten an meiner Seite, mit dem ich auch herzliche und innige Interaktionen teilen konnte. Das war womöglich auch der Moment, in dem der Wanderer für mich nicht mehr nur aus Pixeln bestand, sondern zum Leben erwachte und Emotionen besaß. Es war lieblich anzusehen, wie nah sich die zwei Schlüsselfiguren standen, ohne jemals ein Wort miteinander zu sprechen. Gemeinsam mit Ballast, der die Natur um mich herum beeinflussen konnte, machte ich mich auf den Weg, um an die Spitze des Berges zu kommen.
Das Gameplay in Jusant fällt simple und intuitiv aus, wobei das Spiel immer wieder kleine Hinweiseinblendungen gibt, wodurch keine wichtigen Aspekte des Kletterns verlorengehen. Jede Hand hat eine eigene Taste und so muss ich meine Hände auch beim Klettern koordinieren, um vorwärtszukommen. Dabei ist es nicht nur einmal passiert, dass ich die Tasten zu schnell hintereinander gedrückt habe, meine Hände dabei nicht mitgekommen sind und ich dann eigentlich mit der linken Hand nach einem Stein greifen wollte, aber bloß die rechte Hand frei war. In solchen Momenten musste ich mich wieder darauf konzentrieren, zu entschleunigen und weiterzumachen.
Neben der Koordination der Hände gibt es auch eine Ausdauer-Anzeige, die stetig sinkt, je weiter und höher ich nach oben steige. Es gibt die Möglichkeit, seine Hände etwas zu entlasten und so etwas Ausdauer zurückzuerlangen, aber die regeneriert sich erst wieder komplett, wenn ich festen Boden unter den Füßen habe. Dadurch ist Ressourcen-Management auch ein wichtiger Aspekt im Spiel, der aber nicht allzu schwer oder umfangreich ausfällt.
Sollte die Ausdauer doch mal komplett aufgebraucht sein, fällt der Wanderer zwar hinab, doch er kann nicht sterben. Ein Enterhaken sichert uns ab und der wird an jede freie Stelle befestigt, sobald ich versuche, eine Stelle hinauf oder hinabzusteigen – saftey first!
Visueller und musikalischer Minimalismus der direkt ins Schwarze trifft
Mit jedem weiteren Kapitel fügt das Spiel neue Spielmechaniken hinzu, wodurch es gameplay-mäßig immer etwas Neues zu entdecken gibt und nie langweilig wird. Doch neben den Mechaniken hat der visuelle und musikalische Stil von Jusant einen stilistischen, rundum runden und bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen. Speziell, wenn die unterschiedlichen Biome in den Kapiteln hinzugenommen werden.
In Jusant hat Don’t Nod sich für eine zeitlose Optik entschieden, die womöglich selbst in 15 Jahren noch wunderschön anzusehen ist. Die einzelnen Biome könnten unterschiedlicher nicht sein, von trockenen Felswänden, über mystische Höhlen, bis hin zu stürmischen Felsspalten, die uns in die Lüfte tragen. Jedes Kapitel war besonders, einzigartig und ich konnte es nie erwarten zu sehen, welche Besonderheit sich in der nächsten Ecke befindet.
Durch die verschachtelte und vertikale Spielweise in Jusant war nie zu erkennen, was für Orte mich als Nächstes erwarten und welche Rätsel es zu lösen gilt. Ich stand oft einfach nur da und habe mein Umfeld beobachtet und die Szenerie genossen, die sich mir geboten haben. Speziell im dritten Kapitel habe ich mich oft dabei ertappt, denn die aufeinander abgestimmten Farben, Lebewesen und das generelle Lichtschauspiel waren großartig!
Musikalisch begleitete mich vorrangig der Wind, der an der Felswand vorbeizog und immer stärker wurde, umso höher ich stieg. Doch in perfekt abgepassten Momenten setzte dann auch die melancholische und wunderschöne Musik ein, die aus der Feder von Guillaume Ferran stammt. Durch die nicht zu übermäßig eingesetzte Musik hat sie dann eine noch kraftvollere Tragweite, als es normalerweise der Fall wäre, und trägt zur Atmosphäre des Spiels bei. Jedes Mal, wenn die Melodie begonnen hat zu erklingen, hat es mich emotional etwas getroffen und ich wollte sie, solange sie anhielt auch genießen, denn nichts wärt für die Ewigkeit und so auch die Musik nicht – einfach fabelhaft!
Technisch ein stimmiges und rundes Ergebnis mit einer sauberen UI
Da ich vor dem Review auch die Jusant Demo gespielt habe, fällt mir hier ganz klar die Verbesserung aus der technischen Perspektive auf. Zuvor hatte ich bei einigen Stellen mit Frame-Einbrüchen und leichten Rucklern zu kämpfen, im fertigen Spiel spürte ich davon gar nichts mehr. Die Technik war stabil und die Bildwiederholrate viel niemals unter 60 FPS, hinzu kommt noch, dass es keinerlei Crashes oder Glichtes gab, die das Spielgefühl getrübt hatten. Insgesamt ein sehr stimmiges und rundes Ergebnis, das hier geliefert wurde. Die Tatsache, dass das Feedback von der Demo genutzt wurde, um die technischen Probleme noch auszubessern, hat mich insgesamt auch sehr positiv gestimmt.
Neben der Technik ist mir auch das unglaublich saubere und freie User-Interface aufgefallen. Auch hier wurde alles minimalistisch gehalten und nur das Allernotwendigste mit eingebaut, wie die Anzeige der Ausdauer oder wenn mit Gegenständen interagiert werden konnte. Dadurch haben die Entwickler es geschafft, die Immersion dauerhaft konstant oben zu halten, ohne dass ich jemals wirklich aus der Szenerie geworfen wurde und mich wieder einfinden müsste.
Fazit
Mit einer Spielzeit von 5 bis 10 Stunden ist Jusant nicht das größte Spiel, und doch hinterlässt es einen bleibenden Eindruck. Ich persönlich bin auch längst über den Punkt hinaus, dass jedes Spiel über 100h benötigt, um es auch mal zu beenden. Ich freue mich da dann über kleine Perlen, die mich von Anfang bis Ende begeistern können, und Jusant ist so eine. Darüber hinaus können die sammelbaren Gegenstände nach dem Abschluss des Spiels via der Kapitelauswahl ausgewählt und nachträglich gesammelt werden. Für alle Achievement/Trophäen-Jäger*inn unter uns ein wahrer Segen!
Mit einer nichtssagenden Geschichte, die allein durch die Körpersprache der Schlüsselfiguren erzählt wird, erlebte ich eine einzigartige Reise, bei der ich mir oft wünschte, dass sie nicht zu Ende geht. Das Klettern hat Spaß gemacht, und das Entdecken der verschiedenen Biome war auf seine ganz eigene Art besonders. Die Immersion und Atmosphäre standen immer im Vordergrund, die durch den visuellen Stil und die Musik auch noch fabelhaft untermalt wurden. Am Ende durfte ich sogar auch noch die eine oder andere Träne vergießen, da mir die zwei Charaktere sehr ans Herz gewachsen sind.
Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass die Notizen von einer Erzählerfigur oder den Charakteren selbst eingesprochen werden würden. Denn viel zu oft hab ich mir gedacht: "Ohje, jetzt den kompletten Text durchlesen?" und das hat mir ein wenig die Immersion zerstört. Dadurch hätte die eigentliche Geschichte, die sonst nur im Hintergrund liegt, noch viel mehr Tiefe gehabt und hätte das ganze Paket perfekt abgerundet.
Wertung: 85/100
Hinweis: Ich hab Jusant auf dem PC getestet und Don't Nod hat uns ein Rezensionsexemplar des Spiels zur Verfügung gestellt.