Das Open-World-Actionspiel Ghost of Tsushima ist der letzte große Exklusivtitel für die PlayStation 4. Das lange Warten auf das Samurai-Abenteuer hat sich gelohnt, denn derart authentisch haben wir das feudale Japan noch nie gespielt, wie unsere Ghost of Tsushima Review beweist.
Das Superhelden-Game inFAMOUS: Second Son von Entwickler Sucker Punch war vor rund sechs Jahren eines der ersten Exklusiv-Highlights für PS4. Jetzt ist es genau dieses Studio, das mit dem Samurai-Actionspiel die glorreiche Ära der Sony-Konsole zum Abschluss bringt. Und was für ein krönender Abschluss das ist. Unsere Ghost of Tsushima Review zum heißesten Spiel im Juli 2020.
Ghost of Tsushima: Willkommen auf der Insel
Mit der Sly Raccoon- und der inFAMOUS-Reihe spendierte uns Entwickler Sucker Punch Productions in den vergangenen 18 Jahren einige aberwitzige PlayStation-Exklusivtitel, die ihr gelungenes Gameplay mit einer gehörigen Portion Humor würzten.
Schon bei der Ankündigung des Samurai-Abenteuers Ghost of Tsushima war klar: das Game geht in eine ganz andere Richtung. Statt flotter Sprüche und kerniger Action versuchten sich die US-amerikanischen Entwickler an einer akkuraten, ruhigen und detaillierten Darstellung der Samurai im 13. Jahrhundert Japans.
Ein US-Entwickler wagt sich an eine Samurai-Geschichte und eine Tradition, die in Japan heilig ist? Ob das gut gehen kann? Das kann es. Wie Ghost of Tsushima eindrucksvoll beweist.
Mongoleninvasion in Japan
Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt. Ghost of Tsushima spielt im 13. Jahrhundert auf der japanischen Insel Tsushima. Im Jahr 1274 holt Mongolenführer Kublai Khan zu einem einzigartigen Militärschlag aus, als er ein riesiges Heer mit Kriegsschiffen in Richtung Japan entsandte.
Das Samurai-Game spielt während genau dieser Mongoleninvasion. Es beginnt damit, dass sich 80 tapfere Samurai am Strand des einstmals idyllischen Eilandes der mongolischen Übermacht entgegenstellen. Dass dieses Unterfangen nicht unbedingt von Erfolg gekrönt ist, versteht sich von selbst.
In einer grausamen Schlacht werden die Samurai nahezu vollständig ausgelöscht. Nur unser Held Jin Sakai und sein Onkel überleben. Mongolenanführer Khotun Khan nimmt unseren Onkel gefangen. In den kommenden rund 30 Spielstunden liegt es an uns, den Fürsten aus den Fängen der Invasoren zu befreien, die Insel Tsushima zurückzuerobern und ihre Einwohner zu retten. Kein leichtes, dafür aber ein wunderschönes und einzigartiges Unterfangen.
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Ghost of Tsushima Review: der Weg des Samurai
Doch so eine besetzte Festung stürmt sich nicht im Alleingang. Daher gilt es, im Verlauf der Handlung Verbündete zu rekrutieren, um zum krönenden Abschluss gemeinsam den Khan zur Verantwortung zu ziehen.
Im Rahmen der Story treffen wir dabei auf zahlreiche Unterstützer, die sich – wenn wir ihnen helfen – unserem Kreuzzug anschließen. Von einem legendären Meister-Bogenschützen bis hin zu einer Assassinin.
Story und Hauptfiguren bleiben in Ghost of Tsushima leider relativ blass. Die vielleicht einzige Schwäche, die sich das ansonsten herausragende Open-World-Spiel zu Schulden kommen lässt. Relativ schnell erwischen wir uns dabei, wie wir den Ingame-Zwischensequenzen nicht die Aufmerksamkeit schenken, die sie sich eigentlich verdient hätten.
Das gilt allerdings nicht für unseren Protagonisten, dem die Entwickler tatsächlich Charakter verliehen haben. In Rückblenden wohnen wir Jins Ausbildung zum Samurai bei. Die ehrbaren Krieger Japans lebten streng nach dem Bushidō Kodex. Meditation, Ruhe, Respekt und ein würdevoller Kampf von Angesicht zu Angesicht waren die wichtigsten Tugenden, nach denen alle Samurai lebten.
Doch allein auf weiter Flur im Kampf gegen eine Übermacht können wir uns nicht immer an die Regeln halten. Heimliche Attentate und ähnliche Tabubrüche für einen Samurai sind ein notweniges Übel. Das muss auch Jin nach einiger Zeit feststellen. Was allerdings nicht ohne Gewissensbisse an dem Krieger vorübergeht. Für uns als Spieler wird Jin dadurch aber greifbarer, was uns mit seiner Geschichte und Misere mitfiebern lässt.
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Freiheit und Tradition
Ghost of Tsushima gelingt es dabei auf unnachahmliche Art und Weise, die Tradition des feudalen Japans zu ehren und gleichzeitig für einige erzählerische und spielerische Freiheiten zu sorgen, die dem Spielspaß zugutekommen.
In der offenen Welt suchen wir Schreine auf, um an ihnen zu beten. Wir sinnieren auf malerischen Berghängen über die Welt und verfassen unsere eigenen Haikus. Wir streicheln Füchse, sammeln Bambus und andere Rohstoffe, um unsere Ausrüstung zu verbessern. Oder wir baden einfach nur in einer heißen Quelle, um neue Kraft zu tanken.
Ja, hinsichtlich der Charakterentwicklung und den Haupt- oder Nebenmissionen bedient sich Ghost of Tsushima gängiger Genre-Standards. Irgendwie haben wie alle Quests in ähnlicher Form schon einmal gesehen. Aber: so atmosphärisch, wunderschön und fesselnd haben wir sie in noch keinem Open-World-Spiel erlebt.
Die Gegner-KI oder Texturqualität kann zwar nicht ganz mit den großen Namen mithalten und auch bei den abwechslungsarmen Siedlungen, Charaktermodellen und Forts wird schnell klar, dass Sucker Punch nicht das Budget eines The Last of Us 2 oder Assassin’s Creed: Valhalla vorweisen kann. Das ist aber gar nicht schlimm.
Vor allem das intensive Kampfsystem – egal ob im ehrenhaften (an den Wilden Westen erinnernden) Duell oder beim unehrenhaften Schleichen – ist schlicht grandios. Es trifft genau die richtige Mischung aus Anspruch und Zugänglichkeit. Wir parieren gegnerische Attacken im richtigen Moment und holen direkt zum Gegenschlag aus. Blocks und Ausweichmanöver sind unabdingbar, um erfolgreich aus den Scharmützeln hervorzugehen.
Ghost of Tsushima spielt sich selbst auf dem niedrigsten der drei Schwierigkeitsgrade mitunter ziemlich knackig. Zumindest, bis wir einige hilfreiche Upgrades freigeschaltet oder unseren Lebensbalken deutlich erweitert haben. Doch keine Sorge: so gnadenlos wie ein Sekiro oder Dark Souls wird das Spiel dabei zu keinem Zeitpunkt. Das ist auch gut so.
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Ghost of Tsushima: ein wunderschönes Kunstwerk
Spielerisch gibt es an Ghost of Tsushima kaum etwas zu bemängeln. Auch die technischen Ungereimtheiten fallen erfreulich überschaubar aus. Obwohl nicht die Grafikqualität eines God of War oder The Last of Us 2 erreicht wird, gehört das Samurai-Spiel zu den schönsten Games auf der PS4.
Eben weil der Titel nicht dem Fotorealismus nacheifert, sondern sich bewusst für einen künstlerischen und ästhetischen Ansatz entscheidet.
Grafik und Atmosphäre sind derart atemberaubend, dass wir im Minutentakt innehalten und den umfangreichen Fotomodus starten müssen, um die Szene einzufangen. Da trifft es sich doch gut, dass Ghost of Tsushima über den besten Fotomodus verfügt, den wir je in einem Spiel gesehen haben.
Absolut jedes Detail lässt sich einstellen. Von Windstärke und -richtung über Uhrzeit und Wetter bis hin zu verschiedenen Grafikeffekten. Auf Wunsch lässt sich das Spiel übrigens auch komplett in schwarz-weiß erleben. Der Kurosawa-Modus (benannt nach dem legendären japanischen Regisseur Akira Kurosawa) lässt legendäre Samurai-Filmklassiker auf der PlayStation 4 in neuem Glanz erstrahlen. Ein nettes Detail am Rande.
Aber kommen wir zurück zur Technik und Atmosphäre. Die sucht tatsächlich ihresgleichen. Wenn die Nebelschwaden im goldenen Wald über den Boden wabern, sich die morgendliche Sonne über die Wipfeln erhebt und die Blätter der japanischen Ahornbäume verträumt im Wind tanzen, dann ist das Gänsehaut pur.
Glaubt ihr nicht? Hier sind ein paar Beispiele, die wir selbst mit dem Ghost of Tsushima Fotomodus erstellt haben.
Fazit zu Ghost of Tsushima
Ghost of Tsushima ist eines der schönsten und atmosphärischsten Spiele, die ich je gespielt habe. Ich bin ohnehin ein großer Japan- und Samurai-Fan und glücklich darüber, dass die Entwickler die Traditionen, Mythologie und Werte der fernöstlichen Kultur derart akkurat umgesetzt haben.
Die offene Spielwelt ist schlichtweg atemberaubend, die Aufgaben abwechslungsreich und die intensiven Kämpfe eine Wucht. Da sich das Game allerdings hinsichtlich Story und Missionsdesign Patzer leistet und technisch nicht ganz mit den ganz großen PS4-Blockbustern mithalten kann, bleibt dem Samurai-Abenteuer der Spitzenplatz auf der aktuellen Sony-Hardware verwehrt.
Was am Ende jedoch bleibt ist das vielleicht malerischste Spiel seit Jahren und ein herausragendes Open-World-Abenteuer, das mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Ein krönender Abschluss der glorreichen PS4-Ära, den jeder Besitzer der Konsole gespielt haben muss. Selbst, wenn man der Thematik sonst nicht allzu viel abgewinnen kann.
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