Theoretisch sollten Esports-Turniere nicht von Zuschauer-Absagen betroffen sein. Denn dank des Internets können Spiele auch aus der Ferne abgehalten werden. Aufgrund des Coronavirus scheint dies auch die einzige Alternative, doch ist es eine gute Lösung?
Bei regulären Esports-Turnieren werden alle Bedingungen genau überwacht. Alle Teilnehmer verwenden die gleichen Geräte, die sich nur in der Peripherie unterscheiden, wie z.B. Maus- oder Tastaturmodelle. Die Veranstaltungen finden über LAN-Verbindungen statt, so dass Verzögerungen kein Problem darstellen und die Überwachung möglicher Betrügereien relativ einfach ist.
Die Frage der Fairness von Esports-Onlineturnieren
Bei Fernturnieren via Internet, an denen die Spieler von zu Hause aus teilnehmen, trifft fast keiner dieser Umstände zu. Während die meisten Profispieler wahrscheinlich einen starken Gaming PC zum Spielen haben, können Treiber-Kompatibilitäts- und sogar Build-Probleme schnell über Sieg und Niederlage entscheiden.
Dann gibt es noch die typischen Lags. Esport Veranstaltungen sind logischerweise auf gute Internetverbindungen angewiesen. Jedoch kann nicht garantiert werden, dass jeder Zugang eine solche hat hat. Auch die Entfernung spielt eine Rolle. An einem nationalen Turnier in den USA können Spieler teilnehmen, die Tausende von Kilometern voneinander entfernt wohnen.
Das sagte der Vizepräsident für Produktentwicklung des Esports Service Unternehmens Popdog Avi Bhuiyan zu diesem Thema:
"Es gibt eine Menge Dinge, die man nicht kontrollieren kann, wenn man Wettbewerbe online spielt. In der LEC und LCS und anderen großen Ligen gibt es in der Regel einheitlich, festgelegtes Computerzubehör, um zu verhindern, dass die Spieler manipulierte Geräte haben. Es gibt tatsächlich eine Menge Dinge, die Menschen mit ihren Peripheriegeräten tun können, um den Ausgang eines Spiels zu manipulieren. Weiterhin besteht ein Risiko für die Server".
Diese unterschiedlichen Bedingungen können einem Spieler einen offensichtlichen Vorteil gegenüber einem anderen verschaffen. Während es bei Gelegenheits- und sogar einigen Wettbewerbsspielen keine große Rolle spielt, kann beispielsweise ein Lag-Ausschlag in einem Spiel der Overwatch Liga den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. Die Fans sehen sich Turniere an, um zu sehen, wie die Geschicklichkeit über den Ausgang entscheidet – nicht das Glück.
Der aktuelle Stand der Dinge wirkt sich auch direkt auf Branchen aus, die eng mit der Welt des Esports verbunden sind – in erster Linie die Wettindustrie. Es ist schwierig, auf den Ausgang von Spielen zu wetten, wenn andere Faktoren als das Können und die Spielregeln die Ergebnisse beeinflussen.
Fans vs. Investoren
Angesichts der vielen Absagen von Veranstaltungen sind Fernturniere derzeit die einzige Möglichkeiten für Esports-Ligen, mit ihren Fans in Kontakt zu bleiben. Andere Sportligen haben diese Möglichkeit nicht. Zwar können dafür auch soziale Medien genutzt werden, aber im Vergleich zu anderen Wettkampfsportarten hat Esports im Moment einen Vorsprung.
Tatsächlich haben viele traditionelle Sportarten, Fun-Turniere als Ersatz für ihre regelmäßig stattfindenden Wettbewerbe ins Leben gerufen – zum Beispiel die F1-Serie und NASCAR. Das sind zwar großartige Möglichkeiten, um relevant zu bleiben, aber aus finanzieller Sicht sind sie nicht annähernd so attraktiv.
Viele Investitionsmöglichkeiten, die sich normalerweise während einer Esports-Veranstaltungsreihe ergeben, sind derzeit nicht möglich. Beispielsweise können die Bedingungen von Sponsorenverträgen nicht erfüllt und bereits getätigte Investitionen in geplante Veranstaltungen nur teilweise wieder hereingeholt werden.
Das bedeutet, dass reine Fernveranstaltungen die finanzielle Seite der Branche sehr viel stärker beeinflussen als die Fans und Spieler selbst. Dies könnte längerfristige Auswirkungen haben – denn trotz ihres expansiven Wachstums ist die Esports-Branche selbst noch recht jung. Das bedeutet, dass das Vertrauen der Investoren in ihre Stabilität gefährdet und das zukünftige Wachstum etwas unsicherer ist.
Ein kleiner Lichtblick
Die Auswirkungen der aktuellen Situation in der realen Welt lassen sich noch nicht messen. Sie werden davon abhängen, wie lange die COVID-19-Pandemie normale Events unmöglich macht. Die aktuellen Ersatzveranstaltungen, bei denen häufig Semi-Profis, beliebte Streamer und sogar Prominente auftreten, sind eine großartige Möglichkeit, das Interesse der Fans aufrechtzuerhalten. Auch wenn sie nicht die gleichen Möglichkeiten wie regelmäßige Veranstaltungen bieten.
MEHR LESEN:
- #RaceForGood Charity-Event war voller Erfolg
- #Fight2Fund sammelt über 50.000$ für Betroffene des Coronavirus
Auf lange Sicht wird sich der Verzicht auf regelmäßige Veranstaltungen negativ auf die finanzielle Unterstützung der Esports-Industrie auswirken und somit das Wachstum der Branche verlangsamen. Die Onlinee-Events sind eine großartige Möglichkeit, die Lücke zu überbrücken, während reguläre Veranstaltungen nicht stattfinden können. Auf lange Zeit wird dies jedoch nicht funktionieren. Es gibt zu viele Unsicherheiten, welche die Ergebnisse der Veranstaltungen beeinflussen können.
Trotzdem haben wir dank Online-Turnieren die Möglichkeit Esports-Inhalte in der Sicherheit unseres Hauses zu genießen. Die Hearthstone Grandmasters 2020 oder Fortnite Daily Duo Cups zum Beispiel. Wir sagen: Game on(-line) und bleibt gesund!