Das Coronavirus macht uns das Leben immer noch schwer und dazu gehört auch das Führen von Interviews. Dennoch ist es uns gelungen ein nettes Gespräch mit einem der interessanteren Männer zu führen, die man in der Esports-Branche treffen kann: dem Sportpsychologen von Astralis, Lars Robl.
Wir sprachen über zahlreiche Themen, von seinem Einstieg in die Sportpsychologie bis hin zur Einstellung heutiger Eltern zu ihren Zocker-Kindern. Natürlich mussten wir auch fragen, wie sein Tag als On-Demand-Psychologe von Astralis, einer der führenden CS:GO-Organisation, aussieht.
Wir könnten euch Lars jetzt vorstellen, aber er selbst kann das besser als wir, also lassen wir von jetzt an einfach ihn reden.
Kannst du dich unserem Publikum vorstellen?
Ja, natürlich. Mein Name ist Lars Robl. Ich bin Däne und Sportpsychologe. Ich wurde erst in einem recht hohen Alter Psychologe, weil ich davor eine andere Karriere hatte. Ich war 20 Jahre lang Offizier in den dänischen Spezialeinheiten, die ich 2009 nach sechs Einsätzen in Afghanistan und zwei im Irak verließ. Jetzt bin ich Sportpsychologe sowohl im Esports als auch im regulären Sport. Dieses Jahr sollte ich eigentlich nach Tokio gehen, aber wir werden 2021 gehen, also ist das in Ordnung.
Ein CS:GO oder ein League of Legends-Team ist einer Spezialeinheit sehr ähnlich.
Was hat dich zum Esports gezogen?
Zuerst war es die Entwicklung und das Wachstum des Esports. Dann habe ich CS:GO kennengelernt. Ich habe es selbst nie gespielt, aber es gab offensichtliche Ähnlichkeiten zu meinem früheren Beruf. Ich verstand zwar das Spiel nicht, aber ich verstand die Kommunikation, die Taktik usw. Auch das Team-Element spielt hier eine große Rolle. Ein CS:GO- oder "League of Legends"-Team ist einer Spezialeinheit sehr ähnlich. Es ist wichtig, sich der Teamdynamik bewusst zu sein und das ist etwas, mit dem ich sehr viel Erfahrung habe.
Gibt es einen Unterschied zwischen “regulären“ Sportlern und Esportlern?
Sie sind absolut gleich. Wenn man auf dem Level von Astralis und Origen spielt, ist man ein Elitesportler in seinem Bereich. Das Selbstbewusstsein dafür ist aber noch nicht da und das ist eines der Probleme. Die Kultur ist nicht wirklich vorhanden, aber das ist notwendig, denn unter großem Druck bei einem Major anzutreten, ist genau dasselbe wie eine Weltmeisterschaft oder die Olympischen Spiele.
Verstehen sich die Spieler selbst als Elite-Athleten?
Wir sind auf dem Weg dorthin. Ich arbeite seit zweieinhalb Jahren mit Astralis zusammen und die Spieler sehen sich inzwischen als Elite-Athleten, das haben sie aber nicht, als ich dazu kam. Das muss sich im Esports ändern, es ist ein richtiger Kulturwandel nötig. Man muss in bester körperlicher Verfassung sein – Ernährung, Schlafmuster usw., um Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit aufrechtzuerhalten. All das muss sich ändern und für Astralis und Origen, mit denen ich ebenfalls arbeite, hat sich das geändert.
Was genau ist deine Rolle bei Astralis? Wie funktioniert das alles?
Es ist wirklich ein 24/7-Job. Wir planen Treffen und Bootcamps, bei denen wir Probleme besprechen, aber hauptsächlich ist mein Job folgender: Wenn mich jemand braucht, bin ich da. Einige Sportpsychologen arbeiten vor Ort, zum Beispiel während eines Majors. So arbeiten wir bei Astralis nicht. Ich arbeite mit den Spielern zwischen den Turnieren, weil ich möchte, dass sie sich selbst mit der Situation auseinandersetzen. Das ist das Endziel. Wir haben keine Psychologen-Couch, auf der sie sich hinlegen und einfach nur reden. Ich bin in der Nähe, rund um die Uhr verfügbar und sie können mich immer erreichen. Manchmal spreche ich sie an, um zu sehen, ob es ihnen gut geht. Wenn ja, dann machen wir weiter. Wenn nicht, sprechen über die Probleme und die Ursachen.
Wie wichtig ist die Rolle der Psychologie für den Erfolg von Astralis?
Wie ich schon sagte, die Spieler sind Elitesportler. Die technische Seite, die taktische Seite, die physische Seite sind Voraussetzungen, um auf höchstem Niveau Leistung bringen zu können. Der mentale Aspekt ist dabei wesentlich. Alle Spieler sind extrem gute Athleten, aber um mit dem Druck fertig zu werden, wenn die Fans nur wenige Meter entfernt sind, kann die mentale Stärke den Unterschied ausmachen.
Eltern drängen ihre Kinder dazu, Sport zu treiben. Ist das bei Esports genauso?
Ja. Das ist absolut dasselbe. Ich bekomme Anrufe von Eltern, die fragen, "wie kann ich meinem talentierten Sohn helfen, sein Talent zu verwirklichen". So weit sind wir schon. Es ist immer noch ein sich entwickelnder Trend. Es gibt Eltern, die mit dem Konzept noch zu wenig vertraut sind, die Gaming und Esports als eine Art "just for fun"-Sache betrachten; etwas, das man nebenbei tut. Man kann regulären Sport und Esports aber auch gleichzeitig betreiben, sie sind nicht exklusiv, das kann also auch helfen.
Wir danken Lars Robl noch einmal für dieses aufschlussreiche Interview, das Licht auf einen der wichtigsten und gleichzeitig am wenigsten sichtbaren Bereiche des Esports wirft.
Das vollständige Interview, in dem Lars auch auf das Konzept und die Prävention von Burnout eingeht, könnt ihr euch hier anschauen:
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