Nach der qualitativ überschaubaren Beta zum neuen Superhelden-Spiel Marvel’s Avengers haben wir uns jetzt eine Woche lang in der Vollversion mit Thor, Iron-Man und Co. ausgetobt und verraten dir, ob sich der Kauf lohnt.
Im Beta-Test kurz vor dem Release hinterließ Marvel’s Avengers noch einen durchwachsenen Eindruck. Jetzt ist das neue Superhelden-Spiel fast eine Woche lang erhältlich und wir ziehen im Marvel’s Avengers Test ein erstes Fazit.
Quick-Facts zu Marvel’s Avengers
- Entwickler: Crystal Dynamics / Eidos Montreal
- Publisher: Square Enix
- Genre: Action-Adventure
- Release: 04.09.2020
Marvel’s Avengers Test: Kamala Khan stiehlt die Show
Dass sich Marvel’s Avengers nicht an den Blockbuster-Kinofilmen des MCU orientiert, dürfte mittlerweile vermutlich jeder Interessierte mitbekommen haben. Wer gehofft hatte, ein Wiedersehen mit den bekannten Schauspielern zu feiern, könnte also enttäuscht sein.
Aber die Avengers im Spiel sind noch immer die Avengers, wie wir sie kennen: Eine illustre Truppe der stärksten Superhelden aus dem Marvel-Universum, die gemeinsam die Welt retten. So weit, so bekannt.
Der Titel erzählt jedoch eine ganz eigene Geschichte und die ist noch nicht vollendet. Marvel’s Avengers versteht sich nämlich als Live-Service-Spiel, das im Stile von Games wie Destiny oder Warframe nach und nach (über Jahre hinweg) mit neuen Inhalten versorgt werden soll.
Stichwort Geschichte: Die dreht sich in der Story-Kampagne um das junge Avengers-Fangirl Kamala Khan (auch bekannt als Ms. Marvel), die fünf Jahre nach der Auflösung der Heldentruppe die Recken wieder zusammentrommelt, um gemeinsam die Welt zu retten.
Das ist einerseits alles ziemlich vorhersehbar, auf der anderen Seite gefällt uns die Story-Kampagne aber recht gut. Khans Wandlung vom Fan zum waschechten Avengers-Mitglied wird gleichermaßen humorvoll wie spannend dargestellt und mit der jungen Damen haben die Entwickler eine sympathische Hauptfigur abseits der altbekannten Helden geschaffen – das sorgt für frischen Wind.
Kamalas Reaktionen auf die ersten Treffen mit ihren Idolen werden glaubwürdig dargestellt. Vermutlich würden wir genau so reagieren, wenn auf einmal der Gott des Donners oder Black Widow vor uns stehen.
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Superhelden-Action vom Fließband
So stimmig die Kampagne auch erzählt wird: am grundsätzlichen Gameplay hat sich im Vergleich zur Beta (wenig überraschend) nicht mehr allzu viel verändert. Mit Kamala oder den bekannten Gesichtern der Avengers kloppen wir uns durch blecherne Robo-Widersacher, bis die Knöpfe auf dem Controller glühen.
Immerhin spielen sich die Helden dank abwechslungsreicher Fähigkeiten sehr unterschiedlich. Black Widow stürzt sich mit dem Greifhaken ins Getümmel, Thor schleudert seinen mächtigen Hammer Mjölnir und Iron-Man saust (in zumeist schlauchigen Innenarealen) durch die Lüfte. Trotzdem: Der flinke Wechsel aus Nah- und Fernkampftalenten und brachiale Kombos machen mächtig Laune.
Es gibt allerdings viele Gründe dafür, warum Marvel’s Avengers im Test das durchwachsene Fazit der Beta bestätigt. Neben Grafikfehlern und KI-Aussetzern trüben zahlreiche mehr oder weniger kleine Bugs und Fehler immer wieder den Spielspaß. Der Titel wirkt stellenweise einfach unfertig – und das nach über drei Jahren Entwicklungszeit.
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Das ist für sich genommen alles halb so wild. Doch die Frequenz der Fehler zeugt vom unfertigen Zustand des Spiels. Am ernüchterndsten fällt allerdings das Missionsdesign aus, denn auch in der finalen Fassung laufen nahezu alle Aufgaben gleich ab.
Marvel’s Avengers wirft uns in ein offenes Gebiet, in dem unmotivierte Leveldesigner ein paar Bausteine, Beutekisten oder Nebenaufgaben verteilt haben, bevor uns das Spiel in eine gegnerische Basis schickt. Hier kloppen wir uns durch immer gleiche, detailarme Korridore bis wir das eigentliche Missionsziel erreichen. Und das motiviert auf Dauer nicht wirklich.
Endgame-Grinding und Koop-Freuden
In bester Loot-Shooter-Manier sind wir damit beschäftigt, ständig neue Ausrüstung für unsere Helden zu sammeln. Die haben dann auf dem Papier minimal bessere Stats, unterscheiden sich im Einsatz aber kaum von unseren zuvor verwendeten Fummeln. Geschweige denn, dass sie sich irgendwie auf die Optik unserer Recken auswirken würden.
Wo wir schon bei der Optik sind. Grafisch schwankt Marvel’s Avengers regelmäßig zwischen beeindruckend und Totalausfall. Die Lichteffekte und Charaktermodelle sehen schick aus. Das größte Problem sind allerdings die regelmäßigen Framerate-Einbrüche, denn die Bildrate sinkt bei hohem Feindaufkommen stellenweise in den 20-FPS-Bereich. Dass das nicht unbedingt gut spielbar ist, versteht sich von selbst.
Und doch, wir wissen selbst nicht genau warum, macht das Avengers-Game mitunter extrem viel Spaß. Besonders im Online-Koop. So stumpf die Kämpfe und Missionen auch sein mögen: es gibt doch einfach kaum etwas schöneres, als gemeinsam mit Freunden durch Gegnerhorden zu pflügen und mächtige Spezialfähigkeiten zu entfesseln. Das Kampfsystem gefällt uns ausgesprochen gut und ermöglicht mit verschiedenen Nah- und Fernkampffähigkeiten ausschweifende Kombos.
Fazit zu Marvel’s Avengers
Nach der Beta ist vor der Beta. Irgendwie fühlt sich auch die finale Fassung von Marvel’s Avengers nach einem unfertigen Spiel an. Es mag ja sein, dass sich das Game als Live-Service-Titel weiterentwickeln soll und das darf es auch. Zum Release hätten die Macher nach derart langer Entwicklung aber ein runderes Spiel abliefern müssen.
Technische Ungereimtheiten, etliche Bugs und Fehler und teils heftige Framerate-Einbrüche trüben den Spielspaß enorm. Das stumpfe Gameplay und öde Missionsdesign machen ihre Sache dabei auch nicht besser. Im Koop entfaltet Marvel’s Avengers allerdings durchaus Potenzial. Bleibt nur zu hoffen, dass Crystal Dynamics im Hintergrund fleißig an neuen Inhalten werkelt, sonst haben wir es hier mit einem Anthem 2.0 zu tun.
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