Wisst ihr noch wie Ser Jorah Mormont hoffnungslos in Khaleesi verliebt war und dann so hart ge-friendzoned wurde, dass es euch das Herz gebrochen hat? Ja? Nein? War vielleicht doch nur ich dem das so nahe ging, als ehemaliger Bewohner der Friendzone… aber ironischerweise hängt die Frau, die mich dorthin verbannt hat mit Game of Thrones zusammen, was wiederum mit Videospielen und dem Titel dieses EarlyGame Schnacks zu tun hat, aber ich fang mal ganz von vorne an:
Meine einseitige Liebe hatte eine starke Ähnlichkeit mit Aladdins Prinzessin Jasmin, also nennen wir sie der Internet-Anonymität halber einfach mal so: Ihr Name war Jasmin. Obwohl... sie lebt noch, also ist das immer noch ihr Name... aber es ist nicht wirklich ihr Name, sondern… ach ihr versteht schon was ich meine. Auf jeden Fall war diese Jasmin wie die Khaleesi zu meinem Ser Jorah. Die Prinzessin zu meinem Aladdin. Außer, als ich ihr die Welt gezeigt habe, gab es am Ende keinen Kuss. Und wenn ich von Welt zeigen rede, dann meine ich natürlich Game of Thrones, was nicht nur die beste Friendzone Story aller Zeiten ist, sondern auch die beste Serie aller Zeiten (wir reden nicht über Staffel 8). Ihre erste Reaktion auf Game of Thrones war aber die gleiche Reaktion, die sie wohl gehabt hätte, wenn ich ihr vorgeschlagen hätte, dass wir zusammen kommen:
“Ich bin kein Fan von Fantasy.”
Westeros war allerdings eine Fantasie mit der Jasmin dann letztendlich doch zurechtkam. So sehr sogar, dass sie jetzt, 8 Jahre später, Fan genug ist, dass ich nicht überrascht wäre, wenn Khaleesi heißer Kandidat für den Namen ihrer Tochter ist.
Warum erwähne ich das? Es ist nicht lange her - eigentlich so ziemlich bevor Game of Thrones Mainstream wurde - dass Antworten wie: "Ich steh nicht so auf Fantasy" ganz normal waren. Ja, Herr der Ringe war ein mega Erfolg und jeder hat es angeschaut, aber ganz ehrlich… nerdig war es trotzdem. Damals fanden es Leute seltsam, wenn man seine ganze Freizeit damit verbrachte, Filme oder Fernsehserien anzuschauen. Heute ist die Werbung fürs eigene Netflix auf dem Tinder-Profil genauso obligatorisch wie das Bild von dem Koala, der vor dem australischen Buschfeuer gerettet wird.
Durch Netflix ist Serien süchteln nicht nur zum Mainstream, sondern zu einer Lebensart geworden. So sehr sogar, dass Binge-Watching-Memes von Leuten benutzt werden, die nicht einmal Binge Watching betreiben. Es ist so Mainstream, dass wir, die originalen Serien-Junkies, mittlerweile leicht gelangweilt sind, dass unser einstiges Nischenhobby jetzt jedermanns Hobby ist.
Ok, ok, was zur Hölle hat irgendwas davon jetzt mit Gaming zu tun? Folgendes: Wir brauchen das für Gaming. Wir müssen die Gaming-Industrie irgendwie netflixen (ja, Netflix ist so Mainstream, dass es sogar zu einem Verb geworden ist, wie 'googlen').
In meiner letzten Beziehung - nein, nicht mit Jasmin, diese Friendzone wandere ich bis heute noch - wollte meine Ex Videospiele ausprobieren. Unterstützender Freund, der ich war, habe ich ihr Rayman Legends auf PS4 besorgt. Sie hat es ausprobiert. Sie ist beim ersten Sprung des Spiels 10 Mal gestorben. Gott segne sie. Also ließ sie das Spiel fallen und mir wurde klar: Videospiele zu steuern ist für viele Menschen einfach zu herausfordernd.
Ich weiß, ich weiß: Wir Gamer sind ein stolzer Haufen. Wie nennen sich ein paar von uns nochmal… ‘PC Master Race’? Also bitte… mehr drittes Reich geht kaum und sowieso sind Meister und Rasse keine zwei Wörter die jemals wieder gemeinsam in einem Satz vorkommen sollten. Daher ist es Zeit für einen Wandel. Hier meine Gedanken dazu:
- God of War
- Uncharted
- Red Dead Redemption
Drei der beliebtesten Einzelspieler Spiele des letzten Jahrzehnts. Schmeißen wir The Last of Us auch noch mit dazu. All diese Spiele liefern filmische Erlebnisse und machen das so gut, dass meine Ex mir bei Red Dead Redemption stellenweise sogar zugeschaut hat.
Ich spiele Videospiele jetzt schon seit 1995. König der Löwen war mein erstes Spiel, also bin ich früh im Videospiel Sadismus geübt worden. Wenn ich aber Spiele wie Red Dead oder Uncharted spiele, dann möchte mich mehr wie der König der Welt fühlen, als Herr DiCaprio es tat, bevor sein niedliches Boot versunken ist. Oder wollt ihr lieber zusehen, wie Indiana Jones von einem Bauchschuss erwischt wird und nach fünf Minuten im Film grauenhaft stirbt? Nein. Interessiert es euch, dass Legolas 100 Orks mit 10 Pfeilen in seinem Köcher erledigen kann? Nein. Interessiert es euch, dass Vin Diesel 1,80 ist, aber auf Augenhöhe mit 1,95 The Rock in Fast & Furious steht? Äääähm… ja... ein bisschen. Ich meine, es gibt Grenzen…
So interpretiere ich die Lebensleiste oder die Bildschirm-Verdunkelung in Spielen wie Uncharted: Beinahe getroffen worden. Wenn der Bildschirm ganz rot wird und ich sterbe, ist mein Glück aufgebraucht. Die Gesundheitsanzeige ist eigentlich nur meine Glücksanzeige. Also ja, ich schmeiße Uncharted in den Easy Mode. Das ist nicht Zeit und Ort, um meine Zielsicherheit zu beweisen. Dafür habe ich Warzone und Valorant. Uncharted ist meine Zeit für mich. Zeit zum Entspannen. Zeit zum Träumen. Ich möchte mich wie der krasseste Typ fühlen und Spiele geben mir dieses Gefühl mehr als Filme, weil ich die Kontrolle habe. Es macht mich traurig, dass zu viele Menschen das nur aufgrund der Steuerung nicht erleben können. Oder, wie meine Ex es damals gesagt hat:
“Du willst, dass ich den rechten Stick und den linken Stick gleichzeitig bewege? Bist du sicher, dass wir hier noch über Videospiele reden?”
Ja, wir haben unsere Dark Souls und andere Hardcore Spiele, aber die bieten halt eine ganz eigene Erfahrung: Eine old school Herausforderung. Ein Test der Genauigkeit, der Konzentration, der Entschlossenheit und der Ausdauer. Solche Spiele zu meistern, fühlt sich wie eine Errungenschaft an, und genau für dieses Gefühl spielen wir sie. Solche Spiele haben aber auch kaum eine offensichtliche Story, außer man steigert sich da genauso rein wie in das Gameplay selbst.
Die Uncharteds dieser Welt zielen jedoch darauf ab, eine filmische Erfahrung zu bieten: Technische Feuerwerke mit Special Effects und epischen Momenten. Atem rauben ist hier das Ziel um die alltäglichen Sorgen und Nöte zu vergessen und sich einfach geil zu fühlen. Deshalb ist es so schade, dass nur die wenigen Auserwählten, die die Kunst des Controllers gemeistert haben, in den Genuss solcher Spiele kommen. Ich denke nämlich, dass, ähnlich wie es Game of Thrones und Netflix für Fantasy und TV-Serien taten, bessere Zugänglichkeit von Videospielen die Allgemeinheit aufmischen könnte. Spiele wären nicht mehr nur Spiele, sondern interaktive Filme... eine neue Art zu leben. Warum Khaleesi schauen, wenn man Khaleesi sein kann?
Hallo, Virtual Reality.
Heute ist Virtual Reality Gaming nicht mehr nur irgendeine futuristische Idee; es ist Realität. Man setzt sich seine VR-Brille auf, schnappt sich zwei Sticks und schon kommt man dem intuitiven Spielen und dem Sprung in eine andere Welt so nah wie noch nie. Das Problem dabei: Geld und Bewegung. Nicht jeder hat den Platz in der Wohnung für ein omni-direktionales Laufband, geschweige denn das Geld. Und selbst, wenn man es hätte... Ich bin mit VR nicht ganz zufrieden, weil wir noch etwas in der Hand haben müssen. Wir müssen uns immer noch bewegen, und ich sage: Ersetzt man Steuerungs-Schwierigkeiten durch die Anforderung zu stehen, sich zu bewegen und die Arme zu heben, dann wird man mehr Menschen verlieren als gewinnen. Nicht jeder ist daran interessiert, dass sein Zeitvertreib zu einer körperlichen Aktivität wird.
Wir sind die Swipe-Generation. Selbst der Tinder-Klick ist zu viel Aufwand. Wir swipen in jede x-beliebige Richtung. Wir wollen minimalen Aufwand. Wir wollen faul sein und trotzdem in eine andere Welt fliehen.
Nun, hier schließt sich der Kreis endlich zurück zu Netflix: Netflix hat uns bereits die Lösung gezeigt - Black Mirror, Staffel 5, Episode 1, Striking Vipers. Die Folge, in der zwei männliche beste Freunde in einem Online-Spiel eine sexuelle Beziehung miteinander starten - ein Online-Spiel, das körperliche Empfindungen simuliert und rein vom Verstand gesteuert wird: Ein Chip wird an der Seite des Kopfes angebracht und versetzt das eigene Bewusstsein direkt in das Spiel. Man befindet sich nicht mehr in der realen Welt und der Körper ruht, während das Bewusstsein die digitale Welt betritt. Man selber ist die Spielfigur. Keine Mühe, kein Finger-Geschick erforderlich, einfach Augen zu und den Spiel-Avatar mit den Gedanken steuern. Ja, richtig: Du kannst Khaleesi sein. Ich kann Khaleesi sein. Wir können alle Khaleesi sein.
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Ist das realistisch? Weiß ich nicht. Spielt das eine Rolle? Nein. Das ist eine Kolumne und ich habe einen Traum. Martin Luther King hielt seine Rede an einem Mittwoch, ich schreibe meine an einem Sonntag. Außerdem hat Steve Jobs - ein weiterer großer Träumer - seinen Ingenieuren irgendwann einmal gesagt:
"Ich möchte all diese CDs, diese DVDs, meine VHS-Sammlung und all meine Bücher in diesem kleinen iThing hier haben. Auf gehts!"
Ich sage ja nur, dass ich mein Bewusstsein in einem Videospiel haben möchte.
Ich habe einen Traum.
Auf gehts.