Zum Launch von Modern Warfare 3 haben wir mit den Entwicklern von Sledgehammer Games über die Kampagne, die Charaktere und mehr gesprochen. Was passiert mit Cpt. Price? Wie funktionieren eigene Loadouts in der Kampagne? Gibt es endlich wieder weibliche Protagonisten? Hier findet ihr unser MW3 Interview.
Mit Modern Warfare 3 wird die Story von Modern Warfare 2 von 2022 weitergeführt und zu einem Ende gebracht. Wir beenden also ein zweites Mal die Modern Warfare Trilogie und zu diesem Anlass haben wir in Berlin mit den Entwicklern von Sledgehammer Games über die Kampagne, das Storytelling, die Charaktere und mehr gesprochen.
In unserem Interview konnten wir mit David Swenson, Creative Director, und Shelby Carleton, Narrative Designer, sprechen und so einen Blick hinter die Kulissen werfen. Wie geht man mit Themen wie Terrorismus in der heutigen Zeit um? Wie viel Freiheiten hat man beim Storytelling? Was sind die Open Combat Missionen? Wer sind die neuen Gegenspieler?
All das haben und mehr haben wir die Entwickler gefragt und wir fassen euch die Antworten hier, auf das Wesentliche runtergebrochen, zusammen.
Modern Warfare 3 Interview: Wer spricht?
In meinem Interview hatte ich knapp 30 Minuten Zeit, mich mit Creative Director David Swenson und Narrative Designerin Shelby Carleton zu unterhalten. David ist ein wahres Call of Duty Urgestein und schon seit dem originalen Modern Warfare 3 von 2011 dabei. In dieser Zeit hat er an Modern Warfare 3 (2011), Advanced Warfare, WWII, Vanguard und jetzt Modern Warfare 3 (2023) mitgewirkt. Vor seiner Zeit bei Sledgehammer Games hat er als Lead Sound Designer bei EA gearbeitet und war auch bei Call of Duty vorerst Audio Director, bevor er mit CoD: Vanguard die Rolle des Creative Directors übernommen hat.
Shelby Carleton arbeitet seit CoD: Vanguard an Call of Duty und kümmert sich als Narrative Designer um das Storytelling. Wie wir im Interview herausfinden konnten, ist sie ein großer Fan starker weiblicher Charaktere in Videospielen und mitverantwortlich für die Figur der Polina Petrova in Vanguard, die erste tatsächlich spielbare Protagonistin in einer Call of Duty Kampagne. In Modern Warfare 3 hat es ihr besonders Farah angetan, die übrigens in der Kampagne auch wieder spielbar sein wird.
Modern Warfare 3 Kampagnen-Interview mit Sledgehammer
Unser Interview fand in Berlin statt und begann mit einer 30-minütigen Präsentation, in der uns einige Trailer und eine der neuen Open Combat Missionen gezeigt wurden. Außerdem haben die Entwickler uns noch einen Einblick hinter die Kulissen gegeben und gezeigt, wie sie mit Schauspielern und Performance Capturing die Charaktere von Modern Warfare 3 zum Leben erwecken und wie der Soundtrack des Spiels aufgenommen wurde.
Das war alles auch sehr interessant zu sehen, aber seien wir ehrlich: Ihr wollt mehr zum Gameplay, den Charakteren und Themen in Modern Warfare 3 wissen, und nicht, wer wann und wo mit einem Orchester den Score aufgenommen hat. Also sind hier die wirklich wichtigen Fragen.
Hinweis: Da die Antworten der Entwickler häufig sehr lang und ausschweifend waren, geben wir sie hier in zusammengefasster Version wider.
EarlyGame: Wie getrennt ist die Entwicklung von Kampagne und Multiplayer? Habt ihr tatsächlich zwei getrennte Abteilungen, die unabhängig voneinander an Multiplayer und Kampagne arbeiten?
Sledgehammer: Es ist tatsächlich ein bisschen von Beidem. Wir sitzen natürlich alle im selben Gebäude, sind also nie komplett getrennt. Es hängt ein bisschen vom Team ab. Einige Teams wie die Gameplay Designer arbeiten zum Beispiel nur am Leveldesign und bleiben in ihrem Modus, andere Teams, wie zum Beispiel Animation oder Audio, arbeiten natürlich an Kampagne und Multiplayer. Auch das Narrative Team arbeitet an beiden Bereichen mit.
Außerdem holen wir uns während der Entwicklung natürlich Feedback von anderen Teams. Wir lassen zum Beispiel die Multiplayer-Leute unsere Open Combat Missionen spielen, um zu sehen, wie sie die Missionen angehen, weil die Multiplayer-Entwickler teilweise ganz anders spielen als wir. Andersrum spielen wir natürlich auch den Multiplayer und geben Feedback.
Viele unserer Achievements und Challenges in der Kampagne sind tatsächlich einfach Dinge, die unsere Kollegen beim Anspielen gemacht haben, wo wir uns dachten"hey, das war cool, lass uns daraus ein Achievement machen."
EarlyGame: Wie geht ihr mit den kontroversen Themen wie Terrorismus in der Mission "No Russian" oder der Flugzeugentführung im aktuellen Spiel um? Wie viele Freiheiten habt ihr hier beim Storytelling und gibt es Grenzen, die ihr nicht überschreiten dürft oder wollt?
Sledgehammer: Call of Duty ist Entertainment. Wir werden in der heutigen Welt natürlich von allem, was in der Welt passiert, beeinflusst, aber wir entwickeln das Spiel nicht basierend auf Ereignissen in der echten Welt. Wir hoffen, dass unser Spiel die Leute unterhält, unser Job ist es ein Spiel zu entwickeln, das Spaß macht zu spielen.
Wir wollen aber auch spannende und fesselnde Geschichten erzählen. Unserer Meinung nach sind uns hier nicht viele Grenzen gesetzt, wir können wirklich die Geschichten erzählen, die wir auch schreiben möchten. Wir können uns die Orte und Events, die die Charaktere erleben, aussuchen und wir wollen unsere Charaktere natürlich auch in kontroverse Situationen bringen, die dann schwierige Entscheidungen erfordern.
Wir müssen manchmal unsere Charaktere verletzen, aber wir wollen niemals unserer Spieler verletzen. Sie sollen natürlich Emotionen haben beim Spielen, aber nichts von dem, was wir tun, ist nur da, um zu schocken. Alles muss eine Bedeutung innerhalb der Geschichte haben und diese voranbringen. Auf Zivilisten zu schießen, wie in der Mission "No Russian" ist etwas, das wir nie machen werden. In unserem Spiel ist es ein sofortiges Game Over, wenn man Zivilisten angreift. Wir brauchen solche Dinge nicht, um unsere Story zu erzählen und unser Publikum mitzureißen.
EarlyGame: Wie eingeschränkt seid ihr bei der Entwicklung der MW3 Kampagne, die es so ja schonmal gab? Wie viele Freiheiten für eigene Ideen habt ihr und wie sehr müsst ihr euch an das halten, was schonmal da war?
Sledgehammer: An einem Sequel zu arbeiten, ist tatsächlich sehr befreiend. Wir hatten viel Spaß dabei. Bisher haben wir immer ein Spiel entwickelt und mussten dann Jahre darauf warten, bis wir weitermachen konnten. Und wenn es dann so weit war, muss man seine Spieler erst wieder aufs Laufende bringen – wer waren denn die ganzen Charktere nochmal und so weiter.
Das alles ist jetzt deutlich einfacher. Alles, was letztes Jahr eingeführt wurde, können wir direkt nehmen und weiterentwickeln. Wir haben ja schon an MW3 gearbeitet, als Infinity Ward noch mit MW2 beschäftigt war und konnten so super kollaborieren. Wir haben also ihre frühen Builds gespielt und wussten dann schon "hey, das ist cool, das können wir in MW3 so und so weiterverarbeiten". Wir konnten aber zum Beispiel auch zu Infinity Ward gehen und sagen "wir haben da so eine Idee für Modern Warfare 3, könnt ihr vielleicht diese Szene schon einführen oder diese und jene Voiceline mit einbauen, worauf wir dann aufbauen können".
Wir machen beides gerne, wir schreiben gerne komplett neue Stories, aber schon ein Setting und Charaktere und deren Geschichten zu haben und zu überlegen, was man damit jetzt weitermacht, ist auch eine tolle Erfahrung. Wir sind immerhin alle selber Fans von Modern Warfare, vor allem von Farah, de in MW2 ja eher eine Nebenrolle gespielt hat. In MW3 waren wir jetzt in der Lage sie mehr in den Fokus zu rücken und quasi als Co-Protagonist neben Cpt. Price aufzubauen. Ihr werdet also auch als Farah spielen.
EarlyGame: Wird das Kartell aus Modern Warfare 2 auch in Modern Warfare 3 noch eine Rolle spielen, oder liegt der Fokus hier komplett auf Makarov und Sheperd als Bösewichte?
Sledgehammer: Wir wollen hier nichts spoilern. Makarov ist in MW3 definitiv der Haupt-Bösewicht und die Kampagne spielt vor allem in Europa und dem Nahen Osten, nicht in Mexiko. Es geht also vor allem um Makarov, er steht quasi im Zentrum eines Rads und um ihn herum sind viele andere Charaktere, die Beziehungen zu Makarov haben und somit ihre eigenen kleinen Konflikte führen.
(Anmerkung der Redaktion: Nach dieser Antwort zu urteilen, gehen wir stark davon aus, dass das Kartell doch noch irgendeine Rolle spielen wird und in Kontakt zu Makarov steht.)
EarlyGame: Wird Cpt. Price jemals als das Gesicht von Call of Duty abgelöst werden oder bleibt er für immer das Call of Duty-"Maskottchen"?
Sledgehammer: Wir wollen hier nicht zu viel spoilern. Cpt. Price ist ein toller Charakter, wir haben aber eine Menge cooler Charaktere, wie Soap, Ghost, Alex, Farah und viele mehr in MW3 und Task 141 wird in der Kampagne in einige schwierige Situationen und auch an ihre Grenzen geraten.
Ja, Price ist das Gesicht von Call of Duty, aber viele andere Charaktere wie Ghost oder Farah haben auch schon eine große Fangemeinde. Mehr können wir dazu nicht sagen.
EarlyGame: Die Kampagne wird uns an verschiedene "echte" Orte bringen, wie zum Beispiel nach London, aber es gibt auch das fiktionale Land Urzikstan. Urzikstan kann natürlich perfekt als Ex-Soviet-Land oder als jegliches Land aus dem Nahen Osten eingesetzt werden. War es eine politische Entscheidung, hier kein echtes Land zu nehmen oder gab es andere Gründe für die Schaffung des fiktionalen Uzikstan?
Sledgehammer: Gute Frage. In allen Call of Dutys haben wir echte Locations und Länder und versuchen so authentisch wie möglich zu sein und das soll auch so bleiben. Aber wenn wir zum Beispiel gerade in London sind und dann für die nächste Mission aber ein verschneites Gebiet brauchen oder einen Wald, ein Gebirge oder eine Wüste, dann bietet sich so ein fiktives Land hervorragend an.
Da können wir alle Locations so platzieren, wie wir es für einen logischen Ablauf unserer Story brauchen und niemand kann kommen und sagen "ich hab mir das mal auf der Landkarte angeschaut, das ist totaler Quatsch, es gibt da gar keinen Berg". Urzikstan gibt uns also die Flexibilität und Freiheit unserere Charaktere immer so zu platzieren, wie es für die Geschichte von nöten ist, ohne dass es genau der Realität entsprechen muss, aber trotzdem authentisch wirkt.
EarlyGame: Ihr habt bereits gesagt, dass man Open Combat Missions in der Kampagne mit eigenen Loadouts spielen kann. Normalerweise haben wir in der Kampagne Cutscenes, die in Missionen überleiten, die dann fließend wieder in Cutscenes übergehen. Jetzt bräuchte man ja aber ein Loadout Menü zwischen den Missionen. Wie integriert ihr das Erstellen eigener Loadouts für Open Combat Missionen in die Kampagne?
Sledgehammer: Das ist tatsächlich eine gute Frage, wir wollen ja das Storytelling nicht unterbrechen und den Spieler aus der Immersion reißen. Wir haben typischerweise eine schicke Cutscene, wenn man eine Mission beendet, die dann fließend in die nächste Mission überleite. Wir haben uns viele Gedanken darüber gemacht, wie wir die Loadouts am besten integrieren.
Um ein eigenes Loadout zu erstellen, muss der Spieler die Waffen und das Equipment dafür erst in der Mission finden. Wenn man eine Open Combat Mission also das erste Mal spielt, hat man noch gar keine Waffen und startet ganz normal mit einem vorgegebenen Loadout. Es gibt beim ersten Spielen also keinen Grund für ein extra Menü, sondern man geht direkt aus der Cutscene in die Mission. Dort findet man dann Waffen und Equipment, was in euer Inventar wandert und wenn ihr dann sterbt und die Mission erneut startet, dann kommt ihr in den Loadout-Bildschirm und könnt aus den gefundenen Waffen euer eigenes Loadout für den nächsten Versuch zusammenstellen.
Ihr könnt also zum Beispiel ein Stealth Loadout mit schallgedämpften Waffen und Wurfmessern erstellen oder LMGs und Raktenwerfer einpacken, je nachdem, wie ihr die Mission angehen wollt.
Die Loadouts sind außerdem für jede Open Combat Mission neu, was ihr in der ersten Open Combat Mission gefunden habt, steht euch in der nächsten nicht mehr zur Verfügung. Da müsst ihr erst wieder beim ersten Spielen Equipment sammeln. Das macht für uns einfach am meisten Sinn, da die Spieler in den Open Combat Mission häufig einen anderen Charakter spielen und es seltsam wäre, wenn Ghost plötzlich die Waffen und das Equipment im Inventar hätte, die davor Farah gefunden hat.
EarlyGame: Was waren die großen Herausforderungen bei der Entwicklung der neuen Open Combat Missions?
Sledgehammer: Wir wollten nicht, dass sich die Open Combat Missionen anfühlen wie ein anderer Spielmodus. Es soll sich nicht so anfühlen, als würde man jetzt eine Nebenquest erledigen und danach wieder mit der Hauptstory weitermachen. Sie sollen gut integriert und Teil der Kampagne sein.
Das Problem hier war, dass in regulären, linearen Missionen die Spieler immer sehr an der Hand genommen werden durch Dialoge und auch das Leveldesign. Wir wissen also immer wie die Mission gespielt werden wird, weil es halt nur den einen Weg gibt. In Open Comabt Missionen können die Spieler aber machen, was sie wollen. Das Narrative Team musste also zehnmal so viel Dialoge schreiben und wir mussten auch viel mehr Voicelines aufnehmen. Als Beispiel brauchen wir zum Beispiel viele geflüsterte Aufnahmen, falls die Spieler schleichend vorgehen wollen, wir brauchen das Ganze aber auch geschrien für Spieler, die voll auf Action und Geballer aus sind.
Auch das Leveldesign war schwierig, weil wir wollten, dass es nicht einen "richtigen" oder "besten" Weg durch die Missionen gibt. Die Spieler sollen hier wirklich so viel Freiheiten wie möglich haben und jeder Weg, egal ob schleichend, ballernd oder in einem Fahrzeug, soll sich gleich gut anfühlen.
EarlyGame: Als abschließende Frage: Gibt es irgendwelche Pläne Koop und/oder Splitscreen für Call of Duty Kampagnen zurückzubringen wie in World at War oder Black Ops 3?
Sledgehammer: Wir wissen nicht, was die anderen CoD Teams momentan planen, aber für Modern Warfare 3 wollten wir eine sehr Story-getriebene Kampagne, für die die Singleplayer-Perspektive unserer Meinung nach sehr wichtig ist. Wir wollen, dass die Spieler bei der Kampagne die Perspektive unserer Charaktere einnehmen und die Missionen in MW3 sind immer auch die Missionen eines bestimmten Charakters und das soll so erlebt werden und würde im Koop untergehen.
Wir haben das Spiel einfach nie als Koop-Erlebnis geplant, aber wir haben trotzdem während der Entwicklung und beim Testen immer wieder Situationen gehabt, in denen ein Spieler die Open Combat Mission fast geschafft hat, dann aber doch noch gestorben ist und dann hat sich ein anderer den Controller geschnappt, um es besser zu machen. Es ist also nicht auf Koop oder Splitscreen ausgelegt, hat aber trotzdem dieses Couch-Feeling, wenn man zusammensitzt und den Controller weitergibt.
Das war unser Interview zur Modern Warfare 3 Kampagne mit David Swenson und Shelby Carleton!
Habt ihr schon Bock auf die MW3 Kampagne? Wir freuen uns immer wieder darauf eine neue actiongeladene Call of Duty Kampagne zu zocken und quasi einen interaktiven Actionfilm zu erleben. Die MW3 Kampagne ist im Early Access bereits am 2. November spielbar, der komplette MW3 Release ist am 10. November 2023.